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Genesung auf dem Jobmarkt

Arbeitslosenquote fällt in Brandenburg auf die Werte vor der Coronakrise

190 435 Berliner und 73 094 Brandenburger waren im September arbeitslos gemeldet. Verglichen mit den Vorjahreswerten sank die Arbeitslosenquote in Berlin um 1,1 Prozentpunkte auf 9,4 Prozent, in Brandenburg um 0,7 Prozentpunkte auf 5,5 Prozent. »Die Zahl der Arbeitslosen ist in beiden Ländern erneut gesunken, in Brandenburg ist im Prinzip das Vor-Corona-Niveau erreicht«, sagt am Donnerstag Ramona Schröder. Der Regionaldirektionschefin der Arbeitsagentur zufolge gebe es jetzt mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigung als vor einem Jahr – vor allem im Dienstleistungssektor, im Gesundheitswesen sowie in den Branchen Logistik und Verkehr. Insbesondere in Brandenburg sei die Nachfrage nach Arbeitskräften groß, so die Arbeitsagentur. Hier seien 25 198 offene Stellen gemeldet und damit 20 Prozent mehr als im September 2020. Aber auch in Berlin gebe es fast 16 Prozent mehr offene Stellen – 21 264 sind es konkret.

»Die Corona-Nachwirkungen bleiben für den Arbeitsmarkt ein Klotz am Bein«, urteilt hingegen Alexander Schirp, Vizehauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg. Die Arbeitslosigkeit gehe zwar zurück, aber weiterhin zu zaghaft – obwohl der September üblicherweise Rückenwind bedeute. »Die Unternehmen fahren erst die Kurzarbeit zurück, bevor sie in größerem Stil neues Personal einstellen«, sagt Schirp. »Dadurch entstehen noch zu wenig neue Arbeitsplätze, um die Verluste im Zuge der Pandemie auszugleichen. Zudem bremsen die Lieferschwierigkeiten bei Rohstoffen und Vorprodukten vielerorts die Produktion.«

Im Juni – neuere Zahlen liegen im Moment nicht vor – waren noch 76 453 Berliner und 31 732 Brandenburger auf Kurzarbeit gesetzt. Allerdings deutet sich nach Angaben der Arbeitsagentur eine Besserung an: Im September zeigten in Berlin 57 Betriebe Kurzarbeit für zusammen nur noch 573 Beschäftigte an, in Brandenburg 58 Betriebe für insgesamt 1272 Beschäftigte.

Wenn aber rund 190 000 Erwerbslosen in der Hauptstadt lediglich etwa 21 000 offene Stellen gegenüberstehen, dann reiche das noch nicht für »nennenswerte Verbesserungen auf dem Jobmarkt«, schätzt Schirp ein. Für ihn gehören bessere Schulbildung, mehr Glasfaserkabel für schnellere Internetverbindungen, eine Reform der Verwaltung und weniger Hürden beim Wohnungsbau zu den »wichtigsten Bausteinen einer besseren Standortpolitik«. In Brandenburg, es hat die zweitniedrigste Arbeitslosenquote der ostdeutschen Länder, sei die Situation anders, das vorherrschende Thema wieder der Fachkräftemangel. Es müsse hier gelingen, mehr Stellen mit Bewerbern aus der Hauptstadt zu besetzen. »Sonst wird der Personalmangel in Brandenburg schon bald zu einer Wachstumsbremse«, warnt Schirp.

Auf die nach wie vor kritisch hohe Zahl von Langzeitarbeitslosen weist DGB-Landesbezirkschef Christian Hoßbach hin. Denn 40,2 Prozent der Erwerbslosen in Berlin und 45,1 Prozent der Erwerbslosen in Brandenburg sind schon länger als ein Jahr ohne Job. Beide Länder zusammengerechnet, sind jetzt sogar 46 000 Personen mehr betroffen als vor einem Jahr. »Wir brauchen ein Jahrzehnt mit Investitionen in Klimaschutz, Ausbildung, gute Arbeit und einen starken Sozialstaat«, ist Gewerkschafter Hoßbach überzeugt. Außerdem sei es notwendig, den gesetzlichen Mindestlohn endlich auf zwölf Euro die Stunde zu erhöhen. Seit dem 1. Juli sind als Lohnuntergrenze 9,60 Euro vorgeschrieben. Vorgesehen ist bisher nur die schrittweise Anhebung auf 10,45 Euro bis zum 1. Juli 2022. Laut DGB-Niedriglohnreport haben in den Jahren 2017 bis 2019 in Berlin 24,3 Prozent der abhängig Beschäftigten weniger als 11,13 Euro pro Stunde verdient, in Brandenburg waren es sogar 27,7 Prozent.

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