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Verwaltungsgericht verweist auf Sterbehilfeorganisationen

haben schwer kranke anspruch auf betäubungsmittel?

  • Lesedauer: 2 Min.

Das Verwaltungsgericht Köln (Az. 7 K 8560/18 und weitere) wies in einem längere Zeit zurückliegenden Urteil vom 24. November 2020 auf die Möglichkeit von Sterbehilfeorganisationen hin, wie die AG Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert.

Entscheidung über Suizidhilfe steht aus

Das Bundesverfassungsgericht hatte am 26. Februar 2020 das seit Dezember 2015 bestehende Verbot geschäftsmäßiger Sterbehilfe gekippt und den entsprechenden Strafrechtsparagrafen 217 für nichtig erklärt. Grund sei, dass er »die Möglichkeiten einer assistierten Selbsttötung faktisch weitgehend entleert«. Aktive Sterbehilfe - also Tötung auf Verlangen, etwa durch eine Spritze - blieb verboten.

Da die alten Regeln für die Sterbehilfe für nichtig erklärt wurden, musste der Bundestag eine Neuregelung auf den Weg bringen. Dazu lagen Ende April 2021 drei Gruppenanträge vor. Wie von vielen - vor allem von Betroffenen - befürchtet, kam es in der jetzt zu Ende gegangenen Legislaturperiode zu keiner Entscheidung über Suizidhilfe. Sie steht nunmehr auf der Agenda der neuen Bundesregierung. nd

Der Sachverhalt: Die Kläger sind dauerhaft schwer krank und leiden unter Multipler Sklerose, Krebs sowie andere schwere psychische Leiden. Sie beantragten beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die nach dem Betäubungsmittelgesetz notwendige Erlaubnis für den Erwerb des Betäubungsmittels Natriumpentobarbital. Dabei beriefen sie sich auf das aus dem Grundgesetz abzuleitende Grundrecht auf Selbstbestimmung über den eigenen Tod sowie auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Az. 3 C 19.15).

Danach ist der Erwerb eines Betäubungsmittels zur Selbsttötung mit dem Betäubungsmittelgesetz unter bestimmten Umständen vereinbar. Der Suizidwillige müsse sich wegen einer schweren und unheilbaren Erkrankung in extremer Notlage befinden. Das BfArM lehnte aber sämtliche Anträge ab.

Das Verwaltungsgericht in Köln wies die Klagen ab. Zwar bezweifelte das Gericht, ob das im Betäubungsmittelgesetz enthaltene generelle Verbot mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Es liege jedoch zumindest derzeit kein unverhältnismäßiger Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht Suizidwilliger vor.

Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Az. 2 BvR 2347/15 und weitere) zum (unzulässigen) Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung hätten Sterbehilfeorganisationen ihre Tätigkeit wieder aufgenommen. Sterbehilfeorganisationen ermöglichten einen begleiteten Suizid auch ohne Inanspruchnahme von Natriumpentobarbital. Damit stünde den Klägern eine Alternative zur Verfügung.

Die Inanspruchnahme von Sterbehilfeorganisationen sei für eine Übergangszeit zumutbar, bis der Gesetzgeber ein tragfähiges Schutzkonzept für die Sterbehilfe und die Verwendung suizidgeeigneter Betäubungsmittel entwickelt habe. Die Entscheidung und Ausgestaltung solcher Schutzkonzepte sei dem Gesetzgeber vorbehalten. Nach gegenwärtiger Lage gibt es aus Sicht der Experten genügend Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber schlussendlich an solchen rechtlichen Schutzkonzepten arbeitet. DAV/nd

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