nd-aktuell.de / 21.10.2021 / Kultur / Seite 14

Galaktisches Wissen

Der Science-Fiction-Klassiker »Foundation« von Isaac Asimov wird als Serie verfilmt

Florian Schmid

Filmische Neuinszenierungen von Klassikern der Science-Fiction erfreuen sich schon seit einiger Zeit großer Beliebtheit. Die Mega-Budgets investiert Hollywood nach wie vor in bereits erprobte Erfolgsgeschichten. Egal, ob es eine weitere filmische Adaption des Romans »Blade Runner« von Philip K. Dick[1] ist oder noch eine weitere Superhelden-Story von Marvel oder DC. Jüngstes Beispiel ist der gerade ins Kino gekommene und pandemiebedingt lange hinausgeschobene Film »Dune« von Denis Villeneuve, an dem sich auch schon David Lynch[2] in den 80er Jahren abgearbeitet hat.

Ein literarischer Stoff, der sogar noch umfangreicher ist als die zugrunde liegenden »Dune«-Romane von Frank Herbert und an dem bisher diverse Regisseure und Produzenten scheiterten, unter anderem Jonathan Nolan[3] und Roland Emmerich, ist Isaac Asimovs »Foundation«-Trilogie. Damit geht nun einer der wichtigsten Texte der Science-Fiction-Geschichte, der vom Zusammenbruch eines intergalaktischen Reiches erzählt, auf Apple TV als aufwendig produzierte Serie in die erste von zehn geplanten Staffeln. Über genaue Produktionskosten schweigt man sich bei Apple TV aus. Die zwei ersten Episoden sollen aber so viel kosten wie ein Science-Fiction-Kinofilm. Der Trend, Unsummen in lang laufende Serien zu stecken - Amazon plant ein Budget von einer Milliarde Dollar für eine neue »Herr der Ringe«-Serie -, hält an.

Die literarische Vorlage des aus zahlreichen Romanen und Kurzgeschichten bestehenden »Foundation«-Zyklus umfasst insgesamt eine erzählte Zeitspanne von über 20 000 Jahren und wurde nach dem Tod Isaac Asimovs sogar noch von anderen namhaften Genre-Autoren fortgesetzt. Aber allein die zentrale »Foundation«-Trilogie zu verfilmen, ist ein überaus ambitioniertes Unterfangen. Wobei Serienmacher David S. Goyer, der bereits für die Drehbücher von Christopher Nolans »Dark Knight«-Trilogie verantwortlich zeichnete, in Aussicht stellte, dass es bis zu acht Staffeln und damit 80 Episoden der Serie geben könnte. Das literarische Werk soll also filmisch - soweit möglich - adäquat umgesetzt werden. Im Zentrum des ausschweifenden Opus über ein sich langsam zersplitterndes Imperium steht der Wissenschaftler Hari Seldon, der mit der Psychohistorie eine mathematische Disziplin erfunden hat, die eine Vorhersage historischer Ereignislinien ermöglicht und konkret den Untergang des galaktischen Imperiums prognostiziert, für deren Eliten er arbeitet. Damit macht er sich nicht gerade beliebt.

Seldon verfolgt den Plan, eine galaktische Bibliothek zusammenzustellen, die das ganze Wissen seiner Zeit erhält, um es nach dem seiner Ansicht nach unausweichlichen Zusammenbruch der Gesellschaft, wieder zugänglich zu machen. Dazu wird die titelgebende Foundation gegründet, und zwar auf dem steinigen Planeten Terminus, der an der Peripherie dieses intergalaktischen Reiches mit über 50 Millionen bewohnten Planeten liegt. Neben den politischen Ambitionen der herrschenden Elite, die sich selbst durch Klonen an der Macht hält, geht es um die Entstehung der Wissenschaftsgemeinde, die auch bald von feindlichen Kräften belagert wird. Das Sammeln und Verwalten von Wissen und die Frage, wie damit umzugehen ist, wird zu einer politischen Angelegenheit. An diesem Punkt besitzt »Foundation« angesichts derzeitiger Diskurse um die Bedeutung von Wissenschaft durchaus brisante Aktualität.

Vom ausufernd umfangreichen Personal der Romanvorlage taucht erst mal nur ein Teil in der Serie auf, die das Geschehen natürlich kondensiert erzählt. In seiner mitunter bildgewaltigen Inszenierung versucht »Foundation« durchaus Standards für das Genre zu setzen und dabei eine eigene Ästhetik zu entwickeln, die der literarischen Vorlage und ihren gigantomanischen Space-Opera-Bildern gerecht werden. Wobei die Serie der literarischen Vorlage immer ein wenig hinterherzujagen scheint. Es lohnt sich wirklich, einen Blick in Asimovs Romantrilogie zu werfen, die vom Heyne-Verlag, in dem es auch noch zahlreiche weitere Titel aus dem gesamten »Foundation«-Zyklus gibt, zum Start der Serie noch einmal als Taschenbuch aufgelegt wurde. Denn zahlreiche Figuren wurden für die Serie vor allem hinsichtlich ihres Geschlechts verändert. Viele der bei Asimov fast ausschließlich männlichen Charaktere sind in der Serienadaption Frauen. So sind Hari Seldons Wissenschaftskollegin, seine Quasi-Nachfolgerin in Sachen Psychohistorie und eine tragende Erzählerstimme des Opus, Gaal Dornick (Lou Llobell), ebenso wie die Bürgermeisterin der Wissenschaftskolonie auf Terminus, Salvor Hardin (Leah Harvey), in der Serie im Gegensatz zum Buch weibliche Charaktere. Aber auch Eto Demerzel (Laura Birn), ein seit Jahrtausenden existierender Roboter, der an wissenschaftlichen wie machtpolitischen Entwicklungen Anteil hat, ist in der Serienadaption weiblich. Durch dieses »woke-washing« wird die personell ursprünglich sehr männlich dominierte Erzählung zeitgemäßer inszeniert.

Asimovs literarische Vorlage besteht aus vier zwischen 1942 und 1944 geschriebenen Erzählungen, die in der legendären Science-Fiction-Zeitschrift »Astounding« erschienen sind. Für den ersten Text erhielt der damals 21-jährige und aus Brooklyn stammende Autor ein Honorar von 126 Dollar. Erst 1951 wurde aus den vier Texten in erweiterter Form ein Roman, dem zwei weitere Bücher unmittelbar in den Jahren danach folgten.

Die Beschäftigung mit politischen Auseinandersetzungen von Großmächten, brutalen Kriegen, rücksichtsloser Herrschaft und genozidalen Massakern muss sicher auch im historischen Kontext seiner Entstehung der 1940er und 1950er Jahre gesehen werden. Dass die Motive aus »Foundation« starken Einfluss auf George Lucas’ »Star Wars« hatten, lässt sich sehr deutlich an der Serie ablesen, die aber in ihrer Bildästhetik auch zahlreiche Elemente der wohl derzeit erfolgreichsten Space-Opera. »Expanse[4]«, und mit den shakespearschen Charakteren der sich selbst klonenden Imperator-Riege auch etwas von »Games of Thrones« hat.

So opulent diese Serie auch ist, steht sie doch ein Stück weit im Schatten der literarischen Vorlage, der sie gerecht zu werden versucht. Die Serie »Foundation« sollte am besten nicht als einfache filmische Umsetzung der Bücher, sondern als zusätzliche Erzählung zu dem ohnehin schon enormen Korpus dieses wichtigen Narrativs der Science-Fiction-Geschichte verstanden werden.

»Foundation« auf Apple TV

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1128775.sie-sind-immer-noch-da.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1147186.david-lynch-der-mann-mit-der-kamera.html
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1034598.aufstand-in-disneyland.html
  4. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1146014.expanse-klassenkampf-im-weltraum.html