nd-aktuell.de / 21.10.2021 / Gesund leben / Seite 7

Frittiert, geröstet, gekeimt

Für die Zubereitung von Kichererbsen gibt es viele Möglichkeiten – und eine Obergrenze bei der Tagesration

Anke Nussbücker

Die Kichererbse, die zu den Hülsenfrüchten gehört, dient in den ärmsten Ländern der Erde seit jeher als wichtiges Grundnahrungsmittel und Eiweißlieferant. Weltweit werden jährlich rund 14 Millionen Tonnen davon geerntet. Mehr als 40 Prozent der täglichen Nahrung dürfen Speisen aus Kichererbsen allerdings über lange Zeiträume nicht ausmachen, sonst kann es zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen kommen. Das ist auch in westeuropäischen Großstädten wichtig zu wissen, wo die Kichererbse zum Trendfood avanciert.

Der botanische Name Cicer arietinum stammt etymologisch vermutlich von dem hebräischen Ausdruck »kikar« für rund oder rundlich ab. Die ungleichmäßig rundlichen Samen haben einen Durchmesser von 8 bis 12 Millimetern. Nur ein bis drei der meist beigefarbenen Körner werden in jeder einzelnen aufgeblähten Hülse gebildet.

Die wärmeliebende Pflanze[1] kommt recht gut mit Wasserknappheit und Dürreperioden zurecht. Angesichts der klimatischen Veränderungen in Europa werden Kichererbsen seit 2008 wieder vermehrt in Sizilien angebaut, in geringen Mengen seit einigen Jahren auch in Deutschland. Die wirtschaftlich bedeutendsten Anbauflächen befinden sich in der Türkei, in Nordafrika und Indien.

Die meist weißen bis beigefarbenen, manchmal roten oder schwarzen Kichererbsen sind nicht näher mit den hierzulande bekannten grünen Erbsen verwandt, aber sie gehören beide zur Unterfamilie der Schmetterlingsblütler innerhalb der Familie der Hülsenfrüchtler. Wie alle Hülsenfrüchtler verwerten sie in Symbiose mit Knöllchenbakterien den Stickstoff aus der Luft, um das pflanzliche Protein zu bilden – und das in beachtlicher Menge. In 100 Gramm getrockneten Kichererbsen sind 19 Gramm Protein mit einem recht wertvollen Aminosäurespektrum enthalten. Dadurch können orientalisches Kichererbsenpüree (Hummus) oder knusprig frittierte Kichererbsenbällchen (Falafel) das unvollständige Protein aus Fladenbrot, Hirsesalat oder Kartoffeln sehr gut ergänzen.

Weniger tierische Proteine, dafür mehr Eiweiße pflanzlicher Natur – das ist ein Weg, der für alle Menschen der Erde in Zukunft überlebenswichtig sein wird. Dabei gilt es, von den Erfahrungen der südlichen Länder zu lernen. Denn eine einseitige Ernährung mit mehr als 40 Prozent Anteil Kichererbsen kann zu der gefürchteten Kichererbsenvergiftung führen – der Fachbegriff dafür ist Lathyrismus –, die sich in Lähmungen von Armen oder Beinen sowie Bauchkrämpfen äußert. Ursache dafür sind unverdauliche Stoffe, die sogenannten lathyrinogenen Aminosäuren, die neben den lebensnotwendigen Aminosäuren wie etwa Lysin, Leucin oder Methionin in den Kichererbsen enthalten sind.

Die lathyrinogenen Substanzen, die sich schädlich auf Darm, Blase und Nervensystem[2] auswirken können, kommen auch in der Platterbse sowie in Wickensamen vor. Nicht nur in armen afrikanischen Ländern traten die schlimmen Symptome nach einseitigem Kichererbsenverzehr über mehrere Monate auf, sondern auch in der Nazizeit bei Experimenten an KZ-Häftlingen, denen man ausschließlich Nahrung aus Platterbsen gab, und die danach zeitlebens an Spätschäden litten. Nicht umsonst empfiehlt die internationale EAT-Lancet-Kommission nur etwa 50 bis 75 Gramm Hülsenfrüchte (Trockenmenge) pro Tag.

Würde die Mehrheit der privilegierten Menschen in den reichen Ländern stärker solche pflanzlichen Proteine und stattdessen weniger vom Tier konsumieren, blieben auch vielfältige pflanzliche Nahrungsmittel für die Hungernden der Welt »übrig«, weil weniger Ackerflächen für Futtermittel[3] gebraucht würden.

Dabei ist eine Abwechslung zwischen den verschiedenen Hülsenfrüchten wie Linsen, Bohnen oder Erbsen im Laufe eines Monats sehr sinnvoll. In der indischen Küche geht man sogar noch weiter, indem man einem klassischen Kichererbsencurry, das zu gekochtem Reis gegessen wird, zur Hälfte leichter verdauliche gekochte Linsen beigibt. Diese Kombination aus drei verschiedenen Pflanzenproteinen ist auf Dauer sehr bekömmlich. Auch die Ergänzung mit Kartoffeln und Spinat wirkt in diesem Sinne positiv auf die langfristige Verträglichkeit.

Noch vor 30 Jahren wurde Gichtpatienten von einem regelmäßigen Verzehr von Hülsenfrüchten abgeraten. Jedoch auch Menschen mit Neigung zu einem erhöhten Harnsäurespiegel können ab und zu kleine Portionen Kichererbsen essen. Die Hülsenfrüchte enthalten zwar Purine, die im Körper als Harnsäure anfallen, doch muss man deswegen keine große Mathematik betreiben. Wichtiger als die Purinzufuhr sind ein guter Stoffwechsel und Bewegung. Es sind Zucker und Alkohol, die die Ausscheidung von Harnsäure behindern.

Gesundheitsfördernd wirkt zudem der hohe Ballaststoffanteil der Kichererbse, wodurch sie gut sättigt – günstig für Übergewichtige, die abnehmen wollen. Die enthaltenen Kohlenhydrate weisen einen niedrigen glykämischen Index auf, wodurch sie zu einem verbesserten Zuckerstoffwechsel beitragen. Gemahlene Kichererbsen, gemischt mit anderen Mehlsorten, eignen sich zum Backen, unter anderem von glutenfreiem Kuchen oder Brot. Der Gehalt an Mineralstoffen wie Kalium und Magnesium trägt dazu bei, den Blutdruck normal zu halten oder sogar zu senken. Neben der Zubereitung durch Kochen, Frittieren oder Rösten lassen sich aus Kichererbsen auch wohlschmeckende Keimlinge ziehen. Dazu lässt man die getrockneten Kichererbsen in kaltem Wasser einweichen, danach spült man nochmals gründlich mit kühlem Wasser.

Wer für das erste Ausprobieren nicht extra ein Keimgefäß anschaffen möchte, kann sich mit einem Gurkenglas helfen, das zusammen mit den Erbsen auf einen Teller gesetzt ein Minigewächshaus mit hoher Luftfeuchtigkeit ergibt. Morgens und abends gespült, sind die Keimlinge nach zwei bis drei Tagen erntefertig und haben den Vorteil einer sehr kurzen Kochzeit. Kichererbsenkeimlinge mit ihren gut verfügbaren Spurenelementen wie Mangan, Eisen, Kupfer und Zink eignen sich als Suppeneinlage oder für Salate.

Völlig roh sollte man Kichererbsen aber nie verzehren. Die genannten antinutritiven Aminosäuren, aber auch Lektine und andere Pflanzenbegleitstoffe erfordern ein gründliches Erhitzen aller Zubereitungen von Kichererbsen, wodurch sich potenziell schädliche Stoffe zu mindestens 75 Prozent zersetzen.

Arabische oder libanesische Küchen[4] sind für ihre Falafel berühmt. Für diese knusprigen Bällchen werden die Kichererbsen 18 Stunden eingeweicht, danach fein zerkleinert, mit Kreuzkümmel, Pfeffer, Petersilie und Salz gewürzt, geformt und anschließend in heißem Öl frittiert. Auf diese Weise zubereitet, sind sie meist gut bekömmlich und international beliebt. Für schmackhaftes Hummus werden weich gekochte Kichererbsen fein püriert und mit Olivenöl, Sesammus, Petersilie, Knoblauch und Zitrone verfeinert.

Kichererbsensalat nach spanischer Art

Pro Person 50 Gramm Kichererbsen in kühlem Wasser über Nacht einweichen und 90 Minuten kochen bzw. Keimlinge ziehen und 10 Minuten kochen, Kochwasser abgießen. Für das Dressing einen Teelöffel Honig mit dem Saft einer Zitrone mischen, zwei bis drei Knoblauchzehen pressen oder fein reiben, salzen, unterrühren, mit zwei Esslöffel Olivenöl, einem Esslöffeln Weißweinessig und gehacktem Korianderkraut oder Dill abschmecken. Das Dressing unter die noch warmen Kichererbsen rühren, 20 Minuten durchziehen lassen, mit roten Paprikastreifen verzieren. anu

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1085003.kichererbsen.html?sstr=Hummus
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1156862.mikronaehrstoffe-spurenelement-mit-gegenspielern.html?sstr=Darm
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1155336.landwirtschaft-in-syrien-das-hier-ist-unser-land.html?sstr=Hummus
  4. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1118433.tunesien-auf-einen-gruenen-tee-mit-minze.html?sstr=arabische|k%C3%BCche