Ein nichtiges Mieterhöhungsverlangen

Rechtsfälle aus dem Mietrecht

  • OnlineUrteile.de
  • Lesedauer: 5 Min.

Die Mieter einer Drei-Zimmer-Wohnung in München erhielten im Abstand von drei Jahren Mieterhöhungsverlangen ihres Vermieters, die so oder so ähnlich formuliert waren: »Leider haben sich die Unterhaltskosten für Ihre Wohnung in den vergangenen Jahren drastisch erhöht. Ihr Mietzins jedoch blieb seit ... unverändert. Das zwingt mich, die Gebühren der Nettomiete und der Nebenkosten ab ... um 4 Prozent zu erhöhen. Daraus ergeben sich folgende Zahlungen: ...«

Das Ehepaar zahlte jeweils den geforderten Betrag. Als die Wohnung verkauft wurde und der neue Eigentümer erneut mehr Miete verlangte, ließen sich die Mieter von einem Anwalt beraten. So erfuhren sie, dass die Mieterhöhungsverlangen des vorherigen Vermieters unwirksam waren. Nun klagten die Mieter auf Rückzahlung der zu Unrecht gezahlten Beträge.

Einwände gegen Betriebskosten

Sind Mieter der Ansicht, dass der Vermieter bei der Betriebskostenabrechnung gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit verstoßen hat, müssen sie ihre Einwände innerhalb eines Jahres geltend machen. Die Jahresfrist beginnt mit dem Zugang der Abrechnung. Nur wenn Mieter diese Frist schuldlos versäumen, können sie auch später noch Einwände erheben. Zweck dieser Regelung ist, möglichst bald Klarheit darüber herzustellen, ob die Abrechnung wirksam ist. nd

Das Amtsgericht wies die Klage mit der Begründung ab, das Ehepaar habe den Mieterhöhungen zumindest indirekt zugestimmt, indem es die erhöhte Miete zahlte.

Das Ehepaar legte gegen diese Entscheidung beim Landgericht München I (Az. 14 S 11480/20) Berufung ein und erhielt Recht. Grundsätzlich seien Vermieter verpflichtet, Mieterhöhungsverlangen schriftlich zu begründen, so das Landgericht. Dabei könnten sie sich auf einen Mietspiegel beziehen, auf das begründete Gutachten eines anerkannten Sachverständigen stützen oder drei Vergleichswohnungen benennen (§ 558 Abs.2 Bürgerliches Gesetzbuch). Mieter könnten dann dem Verlangen zustimmen oder widersprechen.

Im konkreten Fall habe der frühere Vermieter nicht einmal versucht, eine Begründung zu liefern. Die Mieterhöhungsverlangen seien schon deshalb unwirksam gewesen. Ausnahmsweise könne man bei einem unwirksamen Erhöhungsverlangen die Zahlung der Mieter als Einverständnis deuten. Das setze aber voraus, dass man das unwirksame Erhöhungsverlangen zumindest in ein Angebot des Vermieters umdeuten könne, den Mietvertrag einvernehmlich zu ändern.

Das sei hier ausgeschlossen. Der Vermieter habe in seinen Schreiben nicht um Zustimmung zur Mieterhöhung gebeten, sondern einseitig eine höhere Miete festgelegt. So einem Mieterhöhungsverlangen könnten Mieter nicht wirksam zustimmen, auch nicht durch vorbehaltlose Zahlung.

Aus erhöhten »Unterhaltskosten« (welchen?) ergebe sich folgende Zahlung ... So formuliere man kein Angebot, das sich der Mieter überlegen solle. So eine Ankündigung könnten Mieter objektiv nur so verstehen, dass die neue Miete bereits feststehe.

Folgerichtig - wenn auch unzutreffend - sei das Ehepaar davon ausgegangen, dass es diesen Betrag zahlen müsse. Die ohne (Rechts-)Grund zu viel gezahlte Miete müsse der ehemalige Vermieter zurückzahlen.

Undichte Fenster in der Mietwohnung

Eine Vermieterin will lange bekannte Mängel plötzlich in der Urlaubszeit beseitigen. Ist das rechtens?

Schon 2013 hatte der Mieter gemeldet, dass die Fenster und die Balkontüre der Mietwohnung undicht waren. Die Holzrahmen hätten sich verzogen. Seit Dezember 2014 wusste die Vermieterin außerdem über einen Wasserschaden mit Schimmelbildung Bescheid. Es geschah jedoch lange - nichts. Ab Januar 2015 minderte der Mieter wegen der Mängel die Miete.

Im März 2015 besichtigte ein Tischler die Mängel. Er sollte die Holzrahmen instand setzen. Doch der Mieter erklärte, so würden die Mängel nur notdürftig repariert und nicht behoben. Fenster und Balkontüre müssten ausgetauscht werden. Wieder geschah nichts.

Ende Juni 2015 erhielt der Mieter ein Schreiben, in dem die Vermieterin ankündigte, sie werde nun einen Handwerker schicken. Alle zur Auswahl gestellten Termine für die Mängelbeseitigung lagen in der Urlaubszeit (Juli/August). Da der Mieter in dieser Zeit auch wirklich in Urlaub fuhr, fanden weder Reparatur noch ein Austausch statt.

Nun dürfe er die Miete nicht mehr mindern, befand die Vermieterin, denn er habe die Mängelbeseitigung selbst vereitelt. Sie klagte auf Zahlung des Differenzbetrags, scheiterte damit jedoch beim Landgericht Berlin (Az. 65 S 205/19).

Hier könne keine Rede davon sein, dass der Mieter ihr Angebot zur Beseitigung der beanstandeten Mängel nicht angenommen habe, so das Gericht. Die seit zwei Jahren bekannten Mängel müssten nicht plötzlich ganz dringend mitten in der Urlaubszeit behoben werden - mit erst kurz vorher benannten Terminen. Bei so einem Vorgehen müsse die Vermieterin mit urlaubsbedingter Abwesenheit des Mieters rechnen. Die Monate Juli und August seien als Urlaubsmonate anerkannt. Ein korrektes Angebot zur Mängelbeseitigung nenne konkret die auszuführenden Arbeiten, die ausführenden Personen/Handwerker und schlage dem Mieter akzeptable Termine vor.

Feuchtigkeit in den Wänden

Mieter müssen sich rechtzeitig wehre. Denn nachträglich die Miete zu kürzen, ist unzulässig.

Eine Mieterin ließ in ihrer Wohnung auf eigene Kosten Feuchtigkeitsschäden beseitigen, denn der Vermieter hatte sechs Monate lang nichts unternommen, obwohl er über die Schäden Bescheid wusste. Die Reparaturkosten wollte die Mieterin mit der Miete verrechnen, indem sie die fällige Mieterhöhung nicht zahlte. Der Vermieter verlangte aber den kompletten Betrag.

Das Amtsgericht Köln (Az. 201 C 495/93) stellte sich auf seine Seite. Die Mieterin habe trotz der Feuchtigkeitsschäden in der Wohnung sechs Monaten die Miete in voller Höhe weitergezahlt. Damit seien ihre Ansprüche gegen den Vermieter entfallen. Im Nachhinein Reparaturkosten mit der Mieterhöhung zu verrechnen, sei unzulässig. Richtig wäre gewesen, in der Zeit, in der der Vermieter nichts unternommen habe, weniger oder gar keine Miete zu zahlen.OnlineUrteile.de

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal