nd-aktuell.de / 01.11.2021 / Politik / Seite 5

Bahn setzt fatales Signal

Günstige Verbindung zwischen Hamburg und Berlin abgeschafft

Hagen Jung

Sie waren beim Publikum sehr beliebt und deswegen nicht selten recht voll: die Interregio-Express-Züge (IRE), mit denen sich die Strecke Hamburg-Berlin oder umgekehrt für ganze 19,90 Euro zurücklegen ließ. Wer Hin- und Rückfahrt zusammen buchte, zahlte dafür nur 29,90 Euro. Zwar benötigte die Eisenbahn für eine komplette Strecke rund drei Stunden, aber das machte der Preis wieder wett.

Nur wenige kurze Halts gab es unterwegs, in Lüneburg und Uelzen beispielsweise, auch in Salzwedel und Stendal, was die Fahrt nach Hamburg oder Berlin für Menschen aus der Altmark attraktiv machte. Weil sich die Züge regen Zuspruchs erfreuten, waren sie zumeist gut gefüllt. Das dichte Nebeneinandersitzen entsprach aber nun gar nicht den Geboten der Corona-Prävention, und so hatte sich die Bahn mit dem Beginn der Pandemie entschlossen, die seit April 2014 bestehende Verbindung vorerst zu streichen.

Vorerst, das hieß: Das Verkehrsunternehmen wollte das IRE-Angebot ursprünglich zum Fahrplanwechsel im Dezember 2021 wieder aufnehmen. Daraus wird nun nichts, wie die Bahn aktuell mitteilt und ihre Gründe für das Aus der kostengünstigen Reisemöglichkeit darstellt. Wesentlicher Hintergrund, so geht aus einem Brief des Konzerns an die »lieben Fahrgäste« hervor, sei das Programm »Starke Schiene«, zu dem auch die Erneuerung der Schnellfahrtstrecke Berlin-Hamburg zählt. Wegen der notwendigen Baumaßnahme, erinnert die Bahn, habe es für den IRE immer wieder Umleitungen gegeben, manchmal sei er ganz ausgefallen.

Wegen der Arbeiten an der Schnellfahrtstrecke mussten seit einiger Zeit ICEs, Güterzüge und weitere Linien über die zuvor vom IRE genutzte Strecke Berlin-Hamburg umgeleitet werden. Auch infolge dessen habe der Zug keinen Platz mehr im Fahrplan bekommen können.

Mit Blick auf 2022 und 2023 müsse die Bahn bereits jetzt feststellen, so schreibt sie, dass auch in diesen zwei Jahren aufgrund umfangreicher Bauarbeiten »kein durchgängig verlässliches und kundenorientiertes Angebot und damit auch kein wirtschaftlicher Betrieb des IRE Berlin-Hamburg realisierbar ist«.

Mit dem ICE geht es zwar schneller als mit dem IRE, aber die Fahrten sind zum Tarif des nun gestrichenen Zuges nicht zu haben. Wer mit dem Intercity-Express beispielsweise gegen 8.30 Uhr in Berlin startet, erreicht Hamburg gut zweieinhalb Stunden später, ein ähnlicher Zeitaufwand gilt für die Rückfahrt. Für die Hin- und Rücktour kassiert die Bahn, wählt man den Supersparpreis, zusammen 85,80 Euro. Ein Pendler aus Stendal, der um 9 Uhr in Berlin und von dort gegen 17 Uhr zurück will zahlt für die beiden knapp 50 Minuten dauernden Fahrten insgesamt 35,80 Euro, vorausgesetzt, er kann den Super-Sparpreis wählen. Fahrzeiten und Preise variieren im Bahn-Angebot je nach Uhrzeit und Sparoption.

Auch die Bahn selbst bedauert offensichtlich den Fortfall des IRE, lobt sie ihn doch als »zuverlässige und vergleichsweise günstige Alternative zum Fernbus und zu sonstigen Mitfahrgelegenheiten«. Die Auslastung der Züge habe gezeigt, dass das Unternehmen mit diesem Angebot »lange Zeit das richtige Produkt zur richtigen Zeit« anbieten konnte.[1]

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1157323.allianz-pro-schiene-fahrplan-fuer-neue-verkehrspolitik.html