nd-aktuell.de / 13.11.2021 / Wissen / Seite 23

Tolle Bohne!

Biolumne: Reinhard Renneberg über Acker- und andere Bohnen

Reinhard Renneberg

Seit meine »beste Ehefrau von allen« geröstete gesalzene Ackerbohnen isst, wird sie immer schöner. Kein Wunder: 100 Gramm Bohnen haben 28 Gramm Protein, 27 Gramm Ballaststoffe, 62 Gramm Kohlenhydrate (davon nur 6 Gramm Zucker) und nur 3,5 Gramm Fett.

Die »Grüne Mitte Deutschlands«, das Thüringer Becken, ist bekannt für seine fruchtbaren Böden und brachte seinen Bauern auch reiche Bohnen-Ernten. Weil die Ackerbohnen (Vicia faba L.) so groß waren, nannte man sie »aufgepuffte Bohnen«. Daraus wurden die »Puffbohnen«, einst ein wichtiges Nahrungsmittel, nicht nur in Thüringen. Die Ackerbohne ist je nach Region aber auch als Saubohne, Schweinsbohne, Pferdebohne oder Viehbohne bekannt.

Bohnen gehören bekanntlich zu den Hülsenfrüchten oder Leguminosen. Ihre Wurzeln beherbergen Knöllchenbakterien in einer Symbiose: die Bakterien binden Luftstickstoff und geben ihn als wertvolle Aminosäuren an die Pflanzen ab. Bohnen sind also Stickstoff-Selbstversorger und düngen den Boden rein biologisch.

Jahrhundertelang war die Ackerbohne in Deutschland Bestandteil landwirtschaftlicher Fruchtfolgen. Erst in jüngerer Zeit nahm ihr Anbau ab - viel überliefertes Wissen ging damit leider verloren. Andere Marktfrüchte wie Weizen, Gerste oder Raps waren profitabler für den spätkapitalistischen Landwirt.

Der Anbau von Ackerbohnen als Teil der Fruchtfolge bietet etliche Vorteile: Sie blühen lange und sind daher eine üppige Weide für Bienen, Hummeln und andere Insekten. Zudem haben sie eine positive Humusbilanz und verbessern so die Bodenfruchtbarkeit. Und als Gründüngung verbessern sie umweltfreundlich das Nährstoffangebot für andere Nutzpflanzen.

Und noch ein Bohnen-Trumpf: Ackerbohnen sind umwelt- und klimafreundliche Alternativen zu Soja-Kraftfutter aus den USA und Südamerika. Für sie werden keine Wälder abgeholzt, der lange Transport entfällt.

2019 wurden 31 Millionen Tonnen Sojabohnen und Sojaschrot aus Nord- und Südamerika in die EU verschifft. Da sind 70 Kilogramm pro Kopf für jeden EU-Bürger! In den wichtigsten Erzeugerländern Nord- und Südamerikas werden zudem fast nur noch gentechnisch veränderte Sorten angebaut.

Was also hat die Bohnen vom Acker vertrieben? Ackerbohnen schließen sehr spät ihre Bestände, sind als Jungpflanzen nicht sehr konkurrenzfähig gegen die vom Bauern »Problemunkräuter und -gräser« genannten Arten wie Ackerfuchsschwanz, Klettenlabkraut oder Vogelmiere. Die dann oft nötigen Herbizide verteuern den Anbau und verschlechtern die Umweltbilanz wieder.

Soll die Ackerbohne als Viehfutter verwendet werden, sind hoher Eiweißgehalt, gute Verdaubarkeit das Ziel. Für uns Menschen sind dagegen Geschmack, Zartheit und gute Kocheigenschaften oder auch die Verminderung unerwünschter sekundärer Pflanzenstoffe wie Vicin oder Convicin wichtig. Diese beiden Stoffe sind relativ hitzestabil und werden erst durch langes Einweichen und Erhitzen inaktiviert. Insbesondere die Verdauungsprodukte des Vicin können bei Menschen mit einem Defekt der Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase zum sogenannten Favismus führen. Der kann in seltenen Fällen zu einer gelbsuchtähnlichen Blutarmut führen. Deswegen versucht man die kritischen Stoffe bei der Verarbeitung der Ackerbohnen zu entfernen.