Mehr Steuern, aber kein Geld

Finanzministerin warnt trotz Mehreinnahmen vor höheren Ausgaben

Ab August 2024 sollen in Brandenburg die Elternbeiträge für die Kitas komplett entfallen. Bislang ist nur das letzte Kitajahr vor der Einschulung gebührenfrei. Schon ab August 2023 soll das vorletzte Kitajahr hinzukommen. Eigentlich war dies bereits für 2022 vorgesehen. Doch dieser Plan wurde wegen finanzieller Nöte aufgeschoben. Nun darf das Land Brandenburg nach der jüngsten Steuerschätzung im laufenden Jahr mit 831 Millionen Euro mehr Einnahmen rechnen als gedacht und im kommenden Jahr mit 527 Millionen Euro mehr als erwartet. Eröffnet das eine Möglichkeit, die Entlastung der Eltern von den Kitagebühren vorzuziehen?

»Nein!« So klar und deutlich lautet am Dienstag die Antwort von Finanzministerin Katrin Lange (SPD). Solange das Land neue Schulden machen und seine Rücklagen angreifen müsse, gebe es für »finanzpolitische Ausfallschritte« keinen Anlass. Grundsätzlich sieht die Politikerin in der beschriebenen Situation keine Spielräume für zusätzliche Ausgaben. »Das versteht sich von selbst«, erklärt sie nach einer Sitzung des rot-schwarz-grünen Kabinetts, in dem sie die Ergebnisse der Steuerschätzung vom November vorgestellt hat. Es sei davon auszugehen, so sagt sie, dass Brandenburg »finanzwirtschaftlich besser durch die Jahre 2021 und 2022 kommen wird, als bislang angenommen«. Für sie persönlich komme diese Entwicklung aber nicht ganz unerwartet. Sie nehme das, auch wenn es selbstverständlich erfreulich sei, mit der gebotenen Sachlichkeit zur Kenntnis. »Die Finanzministerin wird nicht wie ein aufgeregtes Huhn herumflattern«, versichert Lange.

Steuern und Preise

Im Jahr 2020 erzielte Brandenburg Einnahmen in Höhe von 8,2 Milliarden Euro aus Steuern, im Jahr 2021 werden es voraussichtlich 9,4 Milliarden Euro sein und 2022 dann 9,7 Milliarden. Für das Jahr 2026 sind 11,2 Milliarden Euro Steuern prognostiziert.

Von den 831 Millionen Euro Steuermehreinnahmen des Landes Brandenburg im Jahr 2021 bekommen die Kommunen 183 Millionen Euro ab. Bei 527 Millionen Euro Mehreinnahmen im Jahr 2022 beträgt der Anteil 118 Millionen.

Die Steuermehreinnahmen erklären sich zu einem guten Teil aus einem Anstieg der Verbraucherpreise um drei Prozent im laufenden Jahr gegenüber nur 0,5 Prozent im vergangenen Jahr. Die Preisentwicklung wiederum hat ihren Ursprung in Lieferengpässen wegen der Coronakrise. Das verknappte Angebot treibt die Preise hoch. af

Trotz der 527 Millionen Euro mehr für das kommende Jahr bleibt im Haushalt 2022 noch ein Loch von 20 Millionen Euro übrig. Nicht zuletzt auch deshalb, weil die Kommunen von den Steuermehreinnahmen 22,4 Prozent abbekommen. Für die Jahre 2023 bis 2025 wird dem Land durch die Steuerprognose auch jeweils ein Plus von etwas über 500 Millionen Euro verheißen. Aber je weiter sich der Blick in die Zukunft richtet, umso weniger möchte die Finanzministerin auf die genannten Zahlen bauen. »Insbesondere der weitere Verlauf der Pandemie könnte hier noch mancher Annahme einen dicken Strich durch die Rechnung machen«, sagt sie. Am Ende kommt die Ministerin immer wieder darauf zurück, dass mit den Mehreinnahmen keine Wünsche erfüllt werden könnten.

Das sieht der Landtagsabgeordnete Ronny Kretschmer (Linke) anders. Angesichts der genannten Millionenbeträge ist für ihn »unverständlich, warum solche Sachen wie die Schulkrankenschwestern angeblich nicht zu bezahlen sind«. Nur 700 000 Euro wären für diese Gesundheitsfachkräfte im Jahr erforderlich, erinnert der Finanzpolitiker.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal