Hund und nicht Hund

Australiens Dingo kam schon vor Jahrtausenden mit Seefahrern nach Down Under

  • Barbara Barkhausen
  • Lesedauer: 5 Min.

Dingos sind typisch australische Tiere und ein Symbol des wilden Outbacks. Sie kommen in allen ländlichen Gegenden auf dem australischen Festland vor - nur auf der Insel Tasmanien nicht. Die schlanken Tiere, die in Rudeln leben, sind ein wenig kleiner als ein deutscher Schäferhund und damit sind sie die größten fleischfressenden Säugetiere des fünften Kontinents.

Dingos kamen vor 3500 bis schätzungsweise 5000 Jahren nach Australien. Es ist nicht ganz klar, woher die Tiere ursprünglich stammen, die wahrscheinlichste Version ist, dass sie von Seefahrern aus Asien eingeschleppt wurden. Der Dingo ist eines der Tiere, die am häufigsten Erwähnung in der Mythologie der Aborigines finden. Sie sind eng mit der indigenen Schöpfungsgeschichte und der Spiritualität der australischen Ureinwohner verbunden.

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Obwohl Dingos leicht mit Haushunden verwechselt werden können, unterscheiden sie sich in einem Merkmal gravierend von den domestizierten Hunden. Sie kommunizieren weniger über Bellen, sondern über verschiedene Heultöne. Weil sich Dingos oft auch mit Hunden paarten, fürchtete man lange, dass reine Dingos zur Seltenheit werden und es sich bei vielen Exemplaren nur um ausgewilderte Hunde handelte. Doch eine Studie der University of New South Wales in Sydney konnte diese Befürchtungen dieses Jahr nun entkräften.

Die Studie, die im Fachmagazin »Australian Mammalogy« veröffentlicht wurde, untersuchte über 5000 DNA-Proben von Wildhunden in ganz Australien und kreierte daraus den bisher größten und umfassendsten Datensatz für die Spezies. Dabei fand das Team heraus, dass 99 Prozent der getesteten Wildhunde reine Dingos oder Dingo-dominante Hybriden waren - das heißt, ein Hybrid-Hund mit mehr als 50 Prozent Dingo-Genen. Von dem verbleibenden einen Prozent waren etwa die Hälfte hundedominante Hybriden und die andere Hälfte wilde Hunde. Damit steht fest, dass der Dingo nicht am Aussterben ist und dass »wir in Australien kein Problem mit wilden Hunden haben«, schlussfolgert Kylie Cairns, eine Biologin der Universität und die Hauptautorin der Studie. Insgesamt könne man sagen, dass es sehr selten sei, dass Hunde sich in den Busch flüchten würden, und die wenigen Fälle würden die Dingo-Population nicht wesentlich beeinflussen.

Die Ergebnisse stellen die weitverbreitete Verwendung des Begriffs »Wildhund« infrage. »›Wild Dog‹ ist kein wissenschaftlicher Begriff«, sagte Cairns. »Dingos sind einheimische australische Tiere«, so die Forscherin. Der Begriff »Wildhund« aber werde häufig von Behörden verwendet, wenn es um die Kontrolle und letztendlich Tötung von Dingo-Populationen ginge. »Es ist dringend notwendig, den Begriff ›Wildhund‹ nicht mehr zu verwenden und sie wieder Dingos zu nennen«, sagte auch Brad Nesbitt von der University of New England, Co-Autor der Studie. »Nur dann können wir eine offene öffentliche Diskussion darüber führen, um ein Gleichgewicht zwischen Dingo-Kontrolle und DingoSchutz im australischen Busch zu finden.«

Die noch reinste Dingo-Population lebt übrigens auf Fraser Island, größte Sandinsel der Welt und beliebtes Touristenziel Australiens. Der Dingo paart sich einmal im Jahr und die Weibchen bringen danach bis zu acht Welpen zur Welt. Diese werden zwei Monate lang gesäugt, bis sie auf eigenen Beinen stehen können. Manche Welpen bleiben aber bis zu einem Jahr bei den Eltern. Dingos sind relativ territorial und bewegen sich in einem gleichbleibenden, wenn auch recht weitläufigen Areal. Sie kommen mit Beginn der Dämmerung zum Vorschein und jagen andere, ebenfalls eher nachtaktive Tiere wie Kängurus und Wallabies, Kaninchen, Possums oder Mäuse. Gerne durchforsten sie auch mal Campingplätze und Zelte nach Essbarem. Man sollte also keine Essensreste offen herumliegen lassen. Entgegen der Behauptungen mancher Farmer, die den Dingos nicht allzu wohlgesonnen sind, steht Vieh nicht auf der Liste ihrer bevorzugten Speisen. Trotzdem wurde in den 1880ern der mit über 5600 Kilometern längste Zaun der Welt gebaut, der die Dingos von den Farmgebieten fernhalten soll. Er reicht noch heute von Südaustralien über New South Wales bis nach Queensland.

Dingos sind aber nicht nur wegen des Verschwindens des einen oder anderen Schafes in Verruf gekommen. Auch einige Unfälle mit Menschen haben ihnen negative Schlagzeilen beschert. So verschwand 1980 die zwei Monate alte Azaria Chamberlain während eines Campingurlaubes am Uluru aus dem Zelt ihrer Eltern. Ihre Mutter Lindy Chamberlain behauptete, ein Dingo hätte das Baby verschleppt und getötet, doch später wurde die Mutter selbst wegen Kindstötung erst verurteilt, dann wieder freigesprochen - der Fall gibt bis heute Rätsel auf. Auch auf Fraser Island kam es bereits zu einigen Unfällen mit den Tieren, die bei aller Ähnlichkeit zu domestizierten Hunden doch Wildtiere sind, die nicht gefüttert oder gestreichelt werden sollten und zu denen man einen respektvollen Abstand halten sollte.

Als größte Raubtiere im Busch spielen die Tiere aber eine wichtige Rolle für den Erhalt der Biodiversität und für die Gesundheit des dortigen Ökosystems, wie Mike Letnic, ein weiterer Biologe von der University of New South Wales, sagte. Laut Letnic halten die die Tiere die Anzahl der Pflanzenfresser und kleinerer Raubtiere in Grenzen. Die Forschung von Letnic zeigte beispielsweise, dass die Dezimierung der Dingos zu einem Wachstum der Känguruzahlen führen kann, was wiederum zu Überweidung und damit zu Erosion führen kann.

Doch trotz der wichtigen Rolle, die sie für das Ökosystem spielen, werden Dingos nicht in allen australischen Bundesstaaten geschützt - im Gegensatz zu vielen anderen einheimischen Arten. Anders als in Victoria sind sie in vielen anderen Bundesstaaten bisher nicht geschützt.

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