nd-aktuell.de / 27.11.2021 / Wissen / Seite 22

Kein Aha-Effekt mehr

Der Astronom und populäre Wissenschaftspublizist Dieter B. Herrmann ist gestorben

Steffen Schmidt

Wer über den Berliner S-Bahn-Ring fährt oder entlang der Prenzlauer Allee, kann sie kaum übersehen: die Aluminiumkugel des 1987 eröffneten Zeiss-Großplanetariums[1]. Dessen Gründungsdirektor, der zugleich von 1976 bis 2004 Direktor der Archenhold-Sternwarte im Treptower Park war, ist am Donnerstag im Alter von 82 Jahren in Berlin verstorben. Der Astronom und populärwissenschaftliche Autor schrieb seit seinem Ruhestand auch regelmäßig für die »nd«-Wissenschaftsseiten, zuletzt im September dieses Jahres über die Sternensuche mit »Lochkamera«[2].

Mit über 2000 Publikationen war er nicht nur bis zuletzt aktiv, er verstand »auch im Deutschland der zwei Systeme Astronomie als völkerverbindend und universell zu kommunizieren und für diese Wissenschaft Generationen junger Menschen zu begeistern«, wie die Stiftung Planetarium Berlin schrieb.

Den Rahmen des großen Planetariums nutzte Herrmann, um dort multimediale Astronomie-Programme zu inszenieren, die gleichzeitig bildeten und unterhielten. Vielleicht ein Nebenprodukt seiner Tätigkeit als Moderator des Wissenschaftsmagazins »Aha«, das er seit 1977 bis 1990 im DDR-Fernsehen moderierte.

Während des Physikstudiums engagierte er sich zeitweilig mehr für die Bühne als für die Physik - das Ergebnis waren zwei verpatzte Prüfungen und die drohende Exmatrikulation. Nach dem Studium arbeitete Dieter B. Herrmann bei der Staatlichen Zentrale für Strahlenschutz der DDR. Nach der Promotion als Astronomiehistoriker bei der Archenhold-Sternwarte[3] beschäftigt, wurde er 1976 deren Direktor.

Sein Ruhestand befreite ihn von lästigen Verwaltungsaufgaben, er hatte mehr Zeit zum Schreiben. Regelmäßig erschienen neue Bücher aus seiner Feder - vom Schulbuch über den Sternenführer bis hin zum wissenschaftshistorischen Fachbuch. Und natürlich immer wieder Populärwissenschaftliches, bis hin zur Video-Kolumne. Der Elfenbeinturm des einsamen Forschers war nie seine Sache. Auch als Präsident der Leibniz-Sozietät[4] zwischen 2006 und 2012 ging es ihm um die Wahrnehmung der Wissenschaft in der Gesellschaft.

Herrmann wurde 2019 mit dem renommierten Bruno-Bürgel-Preis der Astronomischen Gesellschaft und erst vor wenigen Tagen mit dem »Silbernen Meridian« der europäischen Raumfahrtvereine geehrt. Zudem trägt seit 2010 der in der Volkssternwarte Drebach (Erzgebirge) entdeckte Kleinplanet 103460 den Namen Dieterherrmann.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1079291.besucherrekord-im-zeiss-grossplanetarium.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1156242.himmelsdurchmusterung-mit-lochkamera-auf-sternensuche.html
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1109212.archenhold-sternwarte-freie-sicht-auf-freie-sterne.html
  4. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1122630.leibniz-sozietaet-von-der-lust-aufs-gemeine-beste.html