Taliban wollen Hilfe bei Flughafenbetrieb

Kabuler Machthaber versprechen, im Gegenzug Ausreisen von Menschen zu ermöglichen

Es könnte eine Chance sein, weitere Menschen aus Afghanistan zu evakuieren. Die Taliban haben nach EU-Angaben von der Europäischen Union Hilfe erbeten, um den Betrieb afghanischer Flughäfen aufrechtzuerhalten. Zugleich habe die afghanische Delegation bei dem Treffen in Doha bekräftigt, ausreisewilligen Afghan*innen sowie Ausländer*innen die Ausreise zu garantieren, teilte die EU am späten Sonntagabend mit. Bei dem zweitägigen Treffen am Wochenende im Golfstaat Katar waren ranghohe EU-Offizielle mit Vertretern der Taliban-Führung in Afghanistan zusammengekommen. Das Treffen bedeute keine diplomatische Anerkennung der »von den Taliban erklärten afghanischen Übergangsregierung«, machte die EU deutlich. Der Dialog solle aber im Interesse Europas und des afghanischen Volkes fortgesetzt werden.

Beide Seiten waren sich demnach im Ziel eines nach innen und außen friedlichen Afghanistans einig. Zugleich drang die EU auf Demokratie und eine inklusive Regierung. Die afghanische Delegation bekannte sich laut EU zu den Menschenrechten, darunter Minderheitenrechten und Pressefreiheit »in Übereinstimmung mit islamischen Prinzipien«. Die Entwicklungshilfe bleibt vorerst ausgesetzt.

Auch die geschäftsführende Bundesregierung führe Gespräche mit den Taliban, so ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Montag in Berlin. »Wir möchten, dass die Menschen, für die wir in Afghanistan noch Verantwortung tragen und die dort bedroht sind, das Land sicher verlassen können.« Es habe mehrfach Zusagen der Taliban gegeben, dass ein sicheres Verlassen möglich sei. »An diesen Zusagen messen wir die Taliban auch nach wie vor.«

Die sich abzeichnende Möglichkeit zu nutzen, um zügig auch Familienangehörige bereits eingereister afghanischer Ortskräfte ins Land zu holen, wollte das Bundesministerium des Innern nicht in Aussicht stellen. Man ermögliche weiterhin nur der Kernfamilie die Ausreise. In der Praxis führt das dazu, dass Familien, bis zu 18-jährige Kinder mitnehmen dürfen, jedoch die im Haushalt lebenden 20- und 22-jährigen Kinder zurücklassen sollen. Ein entsprechender Fall ist dem »nd« bekannt.

Auf die Frage, ob das Innenministerium in solchen Fällen ein Sicherheitsrisiko erkenne, weil mit zurückgelassenen Familienmitgliedern desselben Haushaltes eine Erpressung des nach Deutschlands eingereisten Familienteils möglich werden könnte, antwortet das Innenministerium ausweichend. »Die Sicherheitsbehörden sind hellwach«, so der Sprecher des Innenministeriums in einer schriftlichen Antwort aus der vergangenen Woche an das »nd«. Die Sicherheitslage in Deutschland werde fortlaufend beobachtet und bewertet. Hierzu zählten auch Gefahren, die im Ausland entstehen und sich gegebenenfalls auf die Sicherheit in Deutschland auswirken könnten. Wie viele Personen über 18 Jahren in diesem Verfahren bereits abgewiesen und auf ein langjähriges Familiennachzugsverfahren verwiesen worden sind, zähle das Innenministerium nicht. epd/nd

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