Rechtsaußen greift nach Posten im Bundestag

Linksfraktion will den AfD-Vorsitz im Innenausschuss des Bundestags verhindern

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Demokratisches Grundrecht oder ein politischer Fehler? Im politischen Berlin wird heftig diskutiert, warum und wie es der AfD-Fraktion im Bundestag gelang, sich den Vorsitz in zwei zentralen Ausschüssen zu sichern. Neben dem Innenausschuss darf die Rechtsaußenfraktion vorschlagen, wer dem Gesundheitsausschuss vorstehen soll.

Die Vergabe der Ausschussvorsitze folgt klaren Regeln: Gemäß ihrer Größe dürfen die Fraktionen reihum Anspruch auf einen Vorsitzposten erheben. Dabei steht der größten Oppositionsfraktion – im neuen Bundestag gestellt durch die Unionsparteien – traditionell der Vorsitz im Haushaltsausschuss zu. Dem vereinbarten Verfahren nach hatten auf Grundlage des Bundestagswahlergebnisses SPD, Grüne und FDP jeweils einen Wunschausschuss offen, bevor die AfD das erste Mal zum Zug kam.

Während die Sozialdemokraten sich das Anrecht auf den Vorsitz im Auswärtigen Ausschuss sicherten und die FDP beim Verteidigungsausschuss zugriff, entschieden sich die Grünen überraschend für den Europaausschuss. Damit war der Weg für die AfD frei, den Innenausschuss zu übernehmen. Im zweiten Durchlauf hielt es keine der demokratischen Fraktionen für nötig, den besonders in der Corona-Pandemie wichtigen Gesundheitsauschuss zu sichern, ehe die AfD auch hier den Anspruch erheben konnte. Ebenfalls an die Rechtsaußenpartei geht zudem der Vorsitz im Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

Dass es dabei nicht nur um bloße Symbolik geht, erklärt die Bundestagsabgeordnete Martina Renner (Linke). »Der Vorsitz ist nicht nur ein repräsentativer Posten, sondern hat auch Einfluss auf Worterteilung beziehungsweise -entzug oder Tagesordnungen«, sagt die stellvertretende Parteivorsitzende gegenüber »nd«. Renner warnt: »Die AfD würde so einen Posten genau so nutzen, wie sie das Parlament insgesamt nutzt: als Bühne und Verstärker für Rassismus und rechte Hetze.« Ein weiteres Problem sei, dass der Vorsitz in einem wichtigen Ausschuss den Handlungsspielraum der AfD erweitere. Die Vorsitzenden seien auch Ansprechpartner für Presse und Verbände, erklärt Renner, die als Expertin der Linksfraktion in der vergangenen Legislatur dem Innenausschuss angehörte. Sie verspricht, dass die Linksfraktion keinen AfD-Vorsitzenden in einem Ausschuss wählen werde und sich darum bemühe, »möglichst viele demokratische Abgeordnete davon ebenfalls zu überzeugen«.

Genauso sieht dies Renners Fraktionskollegin, die Bundestagsabgeordnete Nicole Gohlke. Sie kritisiert das Verhalten der Ampel-Parteien und der Union. »Da wird Jahre vor der neofaschistischen AfD gewarnt – und dann lassen sie den Innenausschuss, der über Polizei und Verfassungsschutz mitentscheidet, von der extremen Rechten leiten«, so Gohlke via Twitter.

Wen die AfD für die drei Ausschussvorsitze vorschlägt, ist noch unklar. Die Fraktion will ihre Kandidat*innen in den nächsten Tagen präsentieren.

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