Armenien und die Türkei sprechen miteinander, ohne Vorbedingungen – endlich. Mit den Gesprächen sollen die Beziehungen »normalisiert« werden: Die Grenzen werden geöffnet, der Warenverkehr fließt wieder direkt. Russland spielt Vermittler, weil es den Waffenstillstand nach dem Krieg um Berg-Karabach[1] vom Herbst 2020 garantiert. Für das verarmte Armenien[2] sind offene Grenzen alternativlos: Das Land kann sich allein über Georgien und den Iran versorgen, braucht also den Handel mit der Türkei.
Diese will mehr: Als Mit-Kriegsgewinnerin im Berg-Karabach-Konflikt – die Kampfdrohnen für den Sieg Aserbaidschans lieferte die Türkei[3] – will sie den Südkaukasus vorbereiten für die Penetration durch die türkische Wirtschaft[4], die am Boden liegt; Export soll die abstürzende türkische Lira[5] stützen. Als Absatzmarkt mit drei Millionen Menschen ist Armenien eher irrelevant, öffnet aber den Landweg zum ölreichen Aserbaidschan und zehn Millionen kaufkräftigen Kunden. Strategisches Ziel ist ein Transportkorridor[6] von der Türkei über Armenien, Aserbaidschan und das Kaspische Meer – unter Umgehung Russlands und des Irans[7] – bis nach Zentralasien: Die mehrheitlich von Turkvölkern bewohnte Region gilt Ankara als »natürliche« Einflusssphäre, und dort leben rund 75 Millionen Konsumenten.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1160482.oeffnung-der-grenzen-korridor-nach-zentralasien.html