nd-aktuell.de / 12.02.2022 / Kommentare / Seite 8

Schlechte Aussichten

Mit den Atomenergieplänen bricht Emmauel Macron eigene Wahlversprechen

Ralf Klingsieck

Frankreichs Pläne zum Atomkraftausbau hat Präsident Emmanuel Macron geschickt in einen Energiemix eingebunden. Neben Ideen zum Energiesparen etwa durch bessere Gebäudeisolierung und einem ehrgeizigen Programm für Sonnen- und Windenergie verkündete er jetzt eine »Renaissance für die Kernkraft«: Keiner der 56 Reaktoren wird abgeschaltet, sondern im Gegenteil wird ihre Lebensdauer verlängert. Ferner sollen sechs neue Atomkraftwerke alsbald und weitere acht bis 2050 gebaut werden. So will Macron die Stromversorgung trotz eines absehbar stark steigenden Bedarfs sicherstellen und dies zu bezahlbaren Preisen. Zudem soll das Ganze ein Betrag zur nachhaltigen Entwicklung und zum Klimaschutz sein.

Macron stellt sich damit dem Trend in anderen Ländern – nicht zuletzt beim engen Partner Deutschland – entgegen. Außerdem bricht er seine Versprechungen aus dem Präsidentschaftswahlkampf 2017, als er einen schrittweisen Ausstieg aus der Atomenergie angekündigt hatte. Für eine solche langfristige Energiewende bräuchte er Zeit und solide Unterstützung im Parlament. Aber beides fehlt Macron noch. Er steht zwei Monate vor der Präsidentschaftswahl, für die er offiziell noch nicht einmal Kandidat ist, und ob er bei der Parlamentswahl im Juni die absolute Mehrheit seiner Bewegung En marche wiederbekommt, ist ungewiss.

Auch ist es um die Sicherheit und Zuverlässigkeit bei Betrieb und Neubau von Kernkraftwerken längst nicht so gut bestellt, wie er die Öffentlichkeit glauben machen will. Gerade erst mussten wieder sieben Reaktoren vom Netz gehen, weil bei Kontrollen Risse und Roststellen entdeckt wurden. Und die Fertigstellung des ersten Meilers eines neuartigen Reaktortyps in Flamanville, der eigentlich als Vorbild dienen soll, hat sich schon um zehn Jahre verlängert; ein Ende ist nicht abzusehen. Ganz zu schweigen davon, dass die Kosten fünfmal höher sind als ursprünglich veranschlagt. Keine guten Aussichten für Macrons Kernkraftpläne.