nd-aktuell.de / 16.02.2022 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 7

Baukindergeld wird teurer als gedacht

Bundesfinanzministerium will vorsorglich weitere Millionen bewilligt bekommen

Simon Poelchau

Das Baukindergeld wird für den Fiskus teurer als geplant. Zumindest geht das Bundesfinanzministerium davon aus. Es möchte für das Förderprogramm weitere Finanzmittel in Höhe von 613,4 Millionen Euro bis zum Jahr 2032 bewilligt bekommen. Eine Nichterteilung einer sogenannten überplanmäßigen Verpflichtungsermächtigung »hätte einen unmittelbaren Förderstopp zur Folge«, heißt es in einem Schreiben des Ministeriums an den Vorsitzenden des Bundestags-Haushaltsausschusses, Helge Braun (CDU), das »nd.DerTag« vorliegt. »Anträge antragsberechtigter Familien mit Kindern und Alleinerziehender müssten bei einem Förderstopp trotz gültig datierter Baugenehmigung zunächst abgewiesen werden.« Dadurch würde ein »erheblicher politischer Schaden« verursacht, heißt es aus dem Ministerium.

9,9 Milliarden Euro waren bisher für das Baukindergeld veranschlagt. Kommen die geplanten Mittel hinzu, würde es insgesamt rund 10,5 Milliarden Euro kosten. Mit dem Baukindergeld wollte die Große Koalition es jungen Familien einfacher machen, eine Wohnung oder ein Haus zu kaufen. Von Beginn an gab es erhebliche Kritik: Von dem teuren Instrument profitierten hauptsächlich Mittelstandsfamilien, ist ein häufig vorgebrachtes Argument. Zudem würden nur ein Drittel der bewilligten Mittel für den Neubau eingesetzt werden, zwei Drittel für den Kauf bestehender Immobilien.

»Die Maßstäbe der Wohnungspolitik sind völlig falsch gesetzt«, sagt die wohnungspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Caren Lay, auf nd-Anfrage. Während mit dem Baukindergeld das Geld geradezu »zum Fenster rausgeschmissen« werde, gebe es kaum Geld für sozial gebundene Mietwohnungen in Städten mit Wohnungsnot[1]. »Dieses Missverhältnis Eigentumsförderung zu Förderung öffentlicher und bezahlbarer Wohnungen müsste die Ampel auflösen, sie lässt aber keine Besserung erahnen«, so Lay.

Seit September 2018 können Elternpaare und Alleinerziehende Baukindergeld beantragen. Antragsberechtigt sind Familien mit einem Kind, die als zu versteuerndes Haushaltseinkommen weniger als 90 000 Euro im Jahr zur Verfügung haben und noch keine Immobilien besitzen. Pro Kind steigt die Schwelle um 15 000 Euro. Wird das Baukindergeld bewilligt, erhält die Familie einen Zuschuss von 12 000 Euro pro Kind, ausgezahlt in zehn Jahresraten à 1200 Euro.

Eigentlich war das Baukindergeld nur für einen Zeitraum bis Ende 2020 geplant. Aufgrund der Coronakrise wurde der Bewilligungszeitraum jedoch bis Ende März 2021 verlängert. Hinzu kommt: Die Förderung kann man bis sechs Monate nach Einzug in die zu fördernde Immobilie stellen. Als Stichtag gilt jedoch das Datum des Kaufvertrages beziehungsweise der Baugenehmigung. Deswegen muss der Fiskus noch bis Ende 2023 mit berechtigten Förderanträgen rechnen.

Dass das eingeplante Geld nun vermutlich nicht ausreichen wird, dürfte daran liegen, dass das Baukindergeld ziemlich beliebt ist. Bis Ende 2020 wurde es bereits 309 948 Mal bewilligt. Damit waren gut 6,5 Milliarden Euro aus dem Fördertopf für den Bau eines Hauses oder den Kauf einer Immobilie ausgeschüttet. Vergangenes Jahr wurden laut der staatlichen Förderbank KfW noch einmal 82 183 Anträge in Höhe von insgesamt 1,8 Milliarden Euro bewilligt.

Dass nun das FDP-geführte Ministerium um mehr Mittel für das Baukindergeld bitten muss[2], entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Schließlich war die Partei gegen dessen Einführung. »Das Baukindergeld geht vollkommen an den eigentlichen Problemen auf dem Wohnungsmarkt vorbei«, sagte der damalige baupolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Daniel Först, vor der Einführung.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1148702.mietenwahnsinn-wohnraumoffensive-gescheitert.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1158970.ampel-koalition-ampel-blockade-im-bundesfinanzministerium.html