nd-aktuell.de / 01.03.2022 / Kommentare / Seite 8

Placebo, aber keine Lösung

Für Daniel Lücking ist die Aufrüstung der Bundeswehr nicht die richtige Antwort auf den Krieg in der Ukraine

Daniel Lücking

Der Opportunismus der Rüstungsenthusiasten und Militaristen, die sich über Jahre hinweg sträflich vernachlässigt fühlten, kennt nach der Bekanntgabe des 100 Milliarden-Euro Sondervermögens der Bundesregierung für die Verteidigung[1] keine Grenzen. Der dauerhaft höhere und seit Jahren kontinuierlich angehobene Etat für die Bundeswehr[2] ist mit Krieg vor der eigenen Haustür jetzt das Placebo, das nur zu gern zur Beruhigung eingenommen wird. Doch die Bundeswehr muss nicht alleine rüsten und an der Ostgrenze der Nato[3] absehbar keinen Krieg führen.

Verteidigungspläne, bei denen alle Nato-Staaten einbringen, was an Munition und Material vorhanden ist, sind derzeit ebenso wenig erkennbar wie weitere Etatexplosionen bei anderen Staaten des Militärbündnisses. Die nationalen Wehretats der vergangenen Jahre stiegen dort ebenso, und das finanzielle Potenzial der Nato ist um ein vielfaches dem russischen Etat überlegen. Panzer und Waffen sind längst im Nato-Arsenal vorhanden und müssen logistisch koordiniert bereitgestellt werden, wenn sie die ukrainische Bevölkerung schützen sollen.

Es ist fatal, wenn die Staaten jetzt nicht in der Lage sind, im Kollektiv die Fähigkeiten und Taktiken bereit zu stellen, die gegen Putins Truppen als notwendig erachtet werden. Eine Lösung scheinen sie derzeit aber nicht zu sein - und sie waren es ohnehin nie. Die kommenden Wochen werden zeigen, ob und wie sehr der Nato-Verteidigungsetat nur ein Milliardengrab ist, das uns eine gierige Verteidigungslobby geschaufelt hat.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1161718.ukraine-krieg-eine-kriegspolitische-antwort.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1161712.ukraine-krieg-scholz-verkuendet-waffenlieferungen-an-kiew-und-massive-aufruestung.html
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1161715.ukraine-krieg-nach-russischem-ultimatum-kiew-will-verhandeln.html