nd-aktuell.de / 15.03.2022 / Politik

Russische Nachrichtensprecherin: »Stoppt den Krieg in der Ukraine!«

Anti-Kriegs-Aktion im russischen Fernsehen verbreitet sich schnell im Internet / Nachrichtensprecherin verhaftet

Moskau. Bei der Live-Ausstrahlung einer Nachrichtensendung in Russland hat es am Montag eine Anti-Kriegs-Aktion gegeben: Eine Frau protestierte im Fernsehstudio mit einem Protestplakat und lauten Rufen gegen den russische Militäreinsatz in der Ukraine. Nach Angaben der Organisation OWD-Info handelte es sich um Marina Owsjannikowa, eine Mitarbeiterin des Senders. Sie sei festgenommen worden.

Lesen Sie auch unsere Debattenserie zum Ukraine-Krieg hier[1].

Owsjannikowa tauchte während der Sendung »Wremja« des Senders Perwy Kanal am Montagabend plötzlich hinter der Nachrichtensprecherin Jekaterina Andrejewa auf und hielt ein Schild mit der Aufschrift »Stoppt den Krieg. Glaubt der Propaganda nicht. Hier werdet ihr belogen« in die Kamera. Sie rief außerdem »Stoppt den Krieg!«[2], bevor die Live-Übertragung abbrach und ein Bericht über Krankenhäuser ausgestrahlt wurde.

Perwy Kanal (deutsch: Ester Kanal) ist der wichtigste Fernsehsender des Landes. Die Nachrichtensendung »Wremja« wird seit Jahrzehnten um 21.00 Uhr ausgestrahlt und ist vergleichbar mit der Tagesschau.

Der Sender sprach in einer von der Nachrichtenagentur Tass veröffentlichten Erklärung von einem »Vorfall mit einer fremden Frau während der Aufnahme«. Es werde eine interne Untersuchung geben. Laut Tass könnte die junge Frau wegen »Diskreditierung des Einsatzes der russischen Streitkräfte« strafrechtlich verfolgt werden.

Das russische Parlament hatte vor kurzem ein Gesetz verabschiedet, das bis zu 15 Jahre Haft für die Verbreitung von »Falschnachrichten«[3] über das Militär vorsieht. Damit wurde auch die Bezeichnung des russischen Militäreinsatzes als »Krieg« unter Strafe gestellt.

In einem zuvor aufgezeichneten Video, das von OWD-Info veröffentlicht wurde, erklärte Owsjannikowa, dass ihr Vater Ukrainer und ihre Mutter Russin sei. Deshalb ertrage sie es nicht, die beiden Länder verfeindet zu sehen. »Leider habe ich in den vergangenen Jahren für Perwy Kanal gearbeitet und Propaganda für den Kreml gemacht. Dafür schäme ich mich heute sehr«, sagte sie.

Ein Video der Protestaktion während der Nachrichtensendung verbreitete sich wie ein Lauffeuer in den Online-Netzwerken. Zahlreiche Internetnutzer lobten den Mut der Frau. AFP/nd

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/thema/linkekriegfrieden
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1162105.ukraine-krieg-ich-fuehle-mich-um-fast-jahre-zurueckversetzt.html
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1162078.ukraine-krieg-krieg-kein-kommentar.html