nd-aktuell.de / 17.03.2022 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 14

Lage in Kliniken weiter angespannt

Krankenhausgipfel mahnt Verlängerung des Pandemie-Schutzschirms und Reformen an

Ulrike Henning

Erneut steigende Belegungszahlen auf den Intensivstationen, immer mehr infizierte Patienten in den Normalstationen, dazu Personalausfälle auch infolge von Corona-Quarantäne - das ist die aktuelle Situation, in der die Krankenhäuser die Versorgung sichern müssen.

Auf dem Krankenhausgipfel, der am Mittwoch in Berlin stattfand, konnte in Sachen Pandemie nur eine Zwischenbilanz gezogen werden. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft, erinnerte daran, dass die Kliniken dafür gesorgt haben, dass Deutschland relativ glimpflich durch die letzten zwei Jahre gekommen und die Übersterblichkeit nennenswert unter der vieler anderer europäischer Länder geblieben sei. Das sei gelungen, weil die Beschäftigten am Rande der Erschöpfung ihr Bestes gegeben haben. Angesichts dessen ist es für Gaß unverständlich, dass der finanzielle Rettungsschirm für die Krankenhäuser schon in wenigen Tagen ausläuft. »Heute ist der 16. März und die finanzielle Absicherung endet am 19. März. Das ist eine nicht akzeptable Unsicherheit für die Kliniken«, so Gaß. Er mahnte die Bundesregierung, die Krankenhäuser nicht im Regen stehen zu lassen und keine Schließungen[1] zu riskieren. 75 Prozent der Häuser könnten wegen Überlastung und Personalmangel nicht mehr ihren üblichen Leistungskatalog anbieten. Unabhängige Studien wie der Krankenhaus-Rating-Report prognostizieren eine deutlich steigende Insolvenzgefahr. 2021 und 2022 seien so viele Krankenhäuser defizitär wie noch nie zuvor.

Auch deshalb müssten der Rettungsschirm verlängert und die Regeln angepasst werden. »Wir erwarten zwar nicht, dass noch einmal Extrembelastungen wie in den vergangenen Jahren die Intensivstationen treffen. Aber die Lage in den Kliniken ist noch immer extrem angespannt«, warnte Gaß.

Als zusätzliche Aufgabe kommt jetzt die Versorgung der ukrainischen Flüchtlinge[2] hinzu. Über 30 Krankenhäuser in der Ukraine sollen bereits zerstört sein; auch die Evakuierung ganzer Kliniken ist zu erwarten. Laut Gaß habe die Bundesregierung zugesagt, die Verlegung von Patienten nach Deutschland zu koordinieren, außerdem auch, nötige Kosten zu übernehmen. Unter anderem haben bereits 50 krebskranke Kinder Aufnahme in deutschen Krankenhäusern gefunden. Der überwiegende Teil der Flüchtenden sei zudem ungeimpft oder hat aufgrund des verwendeten chinesischen Impfstoffs praktisch keinen Schutz vor schwerer Erkrankung unter der Omikron-Variante.

Auf dem Krankenhausgipfel wurden Probleme der künftigen Krankenhausfinanzierung diskutiert, außerdem Möglichkeiten, dem Personalmangel[3] wirksam zu begegnen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wiederholte in einem Grußwort die Ankündigung, dass das Konzept für die Fallpauschalen erweitert werden soll. Das könnte die Antwort auf die Forderung sein, dass Kliniken auch einen Teil der ambulanten Versorgung übernehmen. Der Krankenhausgipfel ist das jährliche Debattenformat der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Hier treffen sich Politiker aus Bund und Ländern, um mit Vertretern aus der Krankenhauspraxis über Weichenstellungen in der Versorgung zu diskutieren.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1161565.krankenhauspolitik-buendnis-misstraut-lauterbach.html?sstr=Krankenh%C3%A4user
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1162104.medizinische-versorgung-fluechtlinge-ankommen-unter-enormer-belastung.html?sstr=ukrainische|Fl%C3%BCchtlinge
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1147412.alten-und-krankenhauspflege-personal-ist-am-ende.html?sstr=Personalmangel|Kliniken