nd-aktuell.de / 11.03.2022 / Ratgeber / Seite 27

Nur 18 Prozent steuerfreie Rente für »Neue«

Das Steuerjahr 2022: Ab wann muss ich als Rentner Steuern zahlen?

Allerdings wird das für den Sommer 2022 bereits vorhergesagte Rentenplus schmaler ausfallen als gedacht. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD)[1] kündigte an, dass er rechtzeitig vor der am 1. Juli anstehenden Anpassung die Erhöhung auf den Weg bringen werde. Noch im November 2021 wurden ein Rentenplus um 5,2 Prozent im Westen und 5,9 im Osten prognostiziert. Nun ist die Rede von durchschnittlich 4,4 Prozent die Rede. Die endgültige Höhe der Anpassung zum 1. Juli 2022 steht - wie immer - erst im Frühjahr fest.

Eine schlechte Nachricht kommt von der Deutschen Rentenversicherung[2], die bitter für Neurentner ist: Der steuerpflichtige Rentenanteil steigt für sie um einen weiteren Punkt von 81 auf 82 Prozent. Was konkret bedeutet, dass nur noch 18 Prozent der ersten vollen Bruttojahresrente steuerfrei bleibt. Wer also 2022 in den Ruhestand geht, muss einen höheren Anteil seiner Rente versteuern.

Zum Hintergrund: Seit Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes am 1. Januar 2005 werden Renten in Deutschland nachgelagert besteuert. Bei Bestandsrenten bleibt der festgesetzte steuerfreie Rentenbetrag bestehen.

Wann müssen Rentner eine Steuererklärung abgeben?

Nicht jeder, der Rente bezieht, ist auch zur Abgabe einer Steuererklärung[3] verpflichtet. Rentnerinnen und Rentner sind dann zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet, wenn der steuerpflichtige Teil ihrer Jahresbruttorente zuzüglich anderer steuerpflichtiger Einkünfte und abzüglich absetzbarer Kosten den Grundfreibetrag übersteigt.

Der Grundfreibetrag lag 2021 für Alleinstehende bei 9744 Euro pro Jahr. Für Verheiratete und eingetragene Lebenspartner gilt der doppelte Wert, also 19 488 Euro. Für 2022 wurde der Freibetrag erhöht auf 9984 Euro (Alleinstehende) beziehungsweise 19 968 Euro (Verheiratete).

Dank des sogenannten Rentenfreibetrags bleibt ein gewisser Teil der Rente bislang steuerfrei. Entscheidend für die Höhe des Rentenfreibetrags ist das Jahr des Rentenbeginns. Wer 2021 in Rente gegangen ist, dem steht ein Rentenfreibetrag von 19 Prozent zu. Das heißt: 19 Prozent der Rente bleiben steuerfrei, 81 Prozent der Rente müssen allerdings versteuert werden. Der Rentenfreibetrag ist ein fester Eurobetrag, der in den Folgejahren grundsätzlich unverändert bleibt. Wer wiederum 2022 in Rente geht, für den steigt der steuerpflichtige Teil auf 872 Prozent, so dass nur 18 Prozent steuerpflichtig sind.

Der steuerfreie Teil der Rente wird für zukünftige Rentner in den kommenden Jahren immer kleiner, bis schließlich 2040 alle Renten zu 100 Prozent versteuert werden müssen.

Wie wird der steuerfreie Teil der Rente errechnet?

Grundlage für die Berechnung des Rentenfreibetrags ist die volle Jahresbruttorente. Die meisten Rentnerinnen und Rentner gehen allerdings unterjährig in Rente, sprich: Die Rente wird im ersten Jahr in der Regel für weniger als zwölf Monate gezahlt. Deshalb wird der Rentenfreibetrag erst im zweiten - und damit vollen - Rentenbezugsjahr ermittelt.

Ein Beispiel: Herr A. ist am 1. April 2014 in Rente gegangen. Damit steht ihm ein Rentenfreibetrag von 32 Prozent zu. Der volle Rentenfreibetrag wird jedoch erst aus der Jahresbruttorente des zweiten Rentenbezugsjahres errechnet.

Seine Jahresbruttorente 2015 betrug 24 000 Euro. Sein Rentenfreibetrag in Höhe von 32 Prozent liegt damit also bei 7680 Euro. Dieser einmal ermittelte Rentenfreibetrag bleibt in den Folgejahren unverändert, auch wenn die Rente durch jeweilige Rentenanpassungen steigt.

Der Rentenfreibetrag wird für jeden Rentner zu Beginn der Rente individuell festgelegt. Die jährlichen Rentenerhöhungen, die im Laufe der Rente folgen, müssen in voller Höhe versteuert werden.

Wer wird nach der Rentenanpassung steuerpflichtig?

Jedes Jahr zum 1. Juli erhöht die Bundesregierung die Renten, die sogenannte Rentenanpassung. So waren zum 1. Juli 2020 die Renten im Osten um 4,20 Prozent und im Westen 3,45 Prozent gestiegen. Zum 1. Juli 2021 gab es für die Rentner in Ostdeutschland ein Plus von 0,72 Prozent, während die Rentner in Westdeutschland keine Erhöhung ihrer Bezüge erhielten.

Der Grund war die Corona-Pandemie, die negative Auswirkungen auf die Lohnentwicklung hatte. Der für die neuen Bundesländer maßgebliche aktuelle Rentenwert stieg damit auf 33,47 Euro. Für die westdeutschen Bundesländer betrug der Rentenwert weiterhin 34,19 Euro.

Einige Rentnerinnen und Rentner fürchten Jahr für Jahr, dass sie durch die Rentenerhöhung plötzlich Steuern zahlen müssen. Doch diese Sorge ist meistens unbegründet. Werden durch die Rentenanpassung doch Steuern fällig, sind diese zunächst marginal.

Ein Beispiel: Frau A. ist alleinstehend und wohnt in Mannheim. Bisher blieb sie mit dem steuerpflichtigen Teil ihrer Rente unter dem Grundfreibetrag und musste keine Steuern zahlen.

Im Sommer 2019 wurden allerdings die Renten für die alten Bundesländer um 3,18 Prozent angehoben. Mit der Rentenerhöhung bekommt Frau A. nun jeden Monat mehr Rente und übersteigt jetzt den Grundfreibetrag um 100 Euro. Sie müsste nun 14 Euro Einkommensteuer zahlen. Aufgrund einer gesetzlichen Regelung (156 AO) wird das Finanzamt aber von der Festsetzung der Einkommensteuer absehen. VLH/nd

Nach Informationen vom Lohnsteuerhilfeverein Vereinigte Lohnsteuerhilfe (VLH) in Neustadt a. d. Weinstraße. Die 1972 gegründete VLH ist mit über einer Million Mitgliedern und 3000 Beratungsstellen der bundesweit größte Lohnsteuerhilfeverein.

Links:

  1. http://www.nd-aktuell.de/artikel/1160879.hubertus-heil-und-minijobs-niedrigloehne-ja-bitte.html
  2. http://www.nd-aktuell.de/artikel/1161527.neoliberalismus-booster-fuer-oekonomische-abhaengigkeit-und-altersarmut.html
  3. http://www.nd-aktuell.de/artikel/1161245.mobilitaetspraemie-ab-sofort-kann-der-antrag-auf-die-praemie-gestellt-werden.html