nd-aktuell.de / 30.03.2022 / Politik / Seite 6

Verwaltung des Status quo

Joe Bidens Entwurf für den US-Haushalt enthält erneut viel Geld fürs Militär

Moritz Wichmann
Neue Zerstörer, neue Kampfflugzeuge: Der US-Kongress beschafft dem Pentagon mit dem Haushalt 2022 viel neues Material um das Joe Biden nicht gebeten hatte. Nun hat der US-Präsident seinen Haushaltsentwurf für 2023 vorgestellt.
Neue Zerstörer, neue Kampfflugzeuge: Der US-Kongress beschafft dem Pentagon mit dem Haushalt 2022 viel neues Material um das Joe Biden nicht gebeten hatte. Nun hat der US-Präsident seinen Haushaltsentwurf für 2023 vorgestellt.

Wenig Ambition, ein großes »Weiter so« sowie der Versuch politisch populäre, wenig kontroverse Dinge zu tun – so könnte man den Entwurf von US-Präsident Joe Biden für den Haushalt der Vereinigten Staaten für das Jahr 2023 beschreiben. 5,8 Billionen Dollar sollen die Staatsausgaben dann betragen. Mehr als die Hälfte geht für verpflichtende Zahlungen drauf, ist sogenanntes »non-discretionary« spending – etwa für Gehälter oder Sozialprogramme wie Social Security. Der mit Abstand größte Posten des frei verfügbaren Geldes wird auch nächstes Jahr wieder Geld fürs Militär sein.

813 Milliarden sollen ans Militär gehen, davon 773 Milliarden an das Pentagon. Das Verteidigungsministerium würde damit rund 30 Milliarden Dollar mehr erhalten als im laufenden Haushalt. Progressive Demokraten und linke Organisationen machten sofort nach Bekanntgabe dieser Zahlen am Montag dagegen mobil. »Wir brauchen keinen massiven Anstieg der Verteidigungsausgaben«, erklärte Vermonts Senator Bernie Sanders[1], der in einer Erklärung daran erinnerte, dass die USA so viel für Verteidigung ausgeben, »wie die nächsten elf Länder zusammen«. Die Organisation Public Citizen nennt die geplanten Ausgaben »verschwenderisch« und sprach von »Schmiergeld für den militärisch-industriellen Komplex«. Der jahrelange Versuch von Sanders und anderen Progressiven im Zuge des politischen Prozesses zum Beschluss des Haushalts stattdessen moderate Kürzungen des Verteidigungshaushalts durchzusetzen[2], wird aber vermutlich auch dieses Jahr wieder vergeblich sein.

Für den aktuellen Haushalt hatte Biden im vergangenen Jahr eine ähnliche absolute Steigerung der Verteidigungsausgaben in Höhe von 25 Milliarden oder 1,5 angefragt – im tatsächlich dann erst Mitte März beschlossenen Haushalt für 2022 waren es dann nach monatelangem parteipolitischen Gerangel fast 42 Milliarden oder sechs Prozent mehr – die Republikaner und Falken hatten laut über Inflation klagend[3] ihren Einfluss geltend gemacht. Auch jetzt hat Biden zunächst »nur« 1,6 Prozent mehr Mittel angefragt, verwaltet so eher den Status quo.

Auch ansonsten steht der Haushalt keineswegs für einen politischen Aufbruch, egal in welche Richtung. Für Klimaschutz-Initiativen sind insgesamt moderate 44,9 Milliarden Dollar für Aufräumarbeiten nach und Schutz vor immer teureren Klimakatastrophen, Waldbränden und Überflutungen, für Klimawandel-Forschung, aber immerhin etwas mehr Mittel für die Umweltbehörde EPA. Das ist weit entfernt von dem umfangreichen Maßnahmenpaket und Finanzmitteln, die in Bidens Ende 2021 im US-Kongress gescheitertem sozialen Infrastrukturpaket »Built Back Better« [4](»Besser Wiederaufbauen«) vorgesehen waren.

In die gleiche Richtung Status-Quo-Erhalt weisen weitgehend gleichbleibende Mittel für Studierendenförderung, Straßeninfrastruktur und das keine Mittel für die Legalisierung von Marihuana auf Bundesebene enthalten sind, obwohl Biden dies im Wahlkampf versprochen hatte. Ebenfalls symbolisch im Zwischenwahljahr 2022: Biden, der Anfang März in seiner Rede an die Nation[5] in lauter Zurückweisung der gegenteiligen Aktivistenparole »Finanziert die Polizei« gefordert hatte, sieht nun 32 Milliarden Dollar mehr für die Verbrechensbekämpfung vor.

Ebenfalls laut Umfragen populäre Politik würde Biden mit der im Haushaltsentwurf enthaltenen Sondersteuer für Ultrareiche machen. Mit der 20-Prozent-Mindeststeuer auch auf unrealisierte Aktiengewinne auf Menschen mit über 100 Millionen Dollar Vermögen sollen die obersten 0,01 Prozent, die aktuell kaum Steuer zahlen, belangt werden. Das die Ultrareichen mehr zahlen sollen, ist mittlerweile weitgehend Konsens bei den Demokraten,[6] scheiterte aber trotzdem im Zuge der Verhandlungen um Built Back Better an intensivem Lobbyismus. Einen weiteren linken Akzent und für einen handlungsfähigen Staat[7] setzt Biden mit deutlichen Mittelzuwächsen für die Kartellabteilung des Justizministeriums und die Wirtschaftskontrollbehörde FTC.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1161562.ukraine-klischee-und-nuance.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1156715.usa-verteidigungshaushalt-waechst-weiter.html
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1159882.coronakrise-boom-boom-biden.html
  4. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1159764.joe-manchin-joe-biden-stolpert-ueber-joe-manchin.html?
  5. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1161817.joe-biden-fuer-hohe-loehne-gegen-preistreiber.html?
  6. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1156532.usa-die-zeichen-stehen-auf-steuererhoehungen-fuer-reiche-n-die-frage-ist-wieviel.html
  7. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1160118.inflation-gegen-die-krisenprofiteure.html