nd-aktuell.de / 09.04.2022 / Brandenburg / Seite 27

Viel Geld und viele Gäste

Beliebte Havel-Therme kann Erweiterung vertragen

Andreas Fritsche, Werder (Havel)

Mit so einem Start war nicht zu rechnen«, schwärmt Bürgermeisterin Manuela Saß (CDU). »Wir hatten Maskenpflicht, 2G, 3G, 4G - man sieht schon nicht mehr durch. Trotzdem war die Therme von Anfang an ein Erfolg.«

Eigentlich sollte die neue Havel-Therme in Werder (Havel) Ende 2020 eröffnen. Im Corona-Lockdown machte das natürlich keinen Sinn. Als das große Spaßbad dann am 18. Juni 2021 seine Pforten öffnete, gab es immer noch und immer wieder Beschränkungen. Dennoch übertrafen die Besucherzahlen in den ersten zehn Monaten alle Erwartungen.

»Vor allem am Wochenende und in den Ferien ist häufig ausgebucht. Dann haben wir über 2000 Gäste am Tag«, berichtet Betriebsleiterin Magdalena Teich. Der Rekord waren 2300 Besucher am 26. Februar. Dabei gibt es im Haus nur 1100 Schränke für die Straßenkleidung der Badegäste. Die Termine für Massagen sind meist schon zwei Wochen im Voraus komplett vergeben. So kann die Schauer & Co. GmbH, die das Bad betreibt, bereits an eine Erweiterung denken.

Investor Andreas Schauer und seine Mitarbeiter stellen die Pläne am Donnerstagabend in der schweißtreibend warmen orientalischen Kamin-Lounge des Hauses vor. So soll zum Großen Zernsee hin, an dessen Ufer die Therme steht, ein 500 Quadratmeter großer Wintergarten angebaut werden, in dem 100 zusätzliche Ruheliegen aufgestellt werden können. Ein zweiter Anbau soll Vitalbäder und ein Intensivsole-Schwebebecken auf zwei Ebenen aufnehmen und Platz für 100 Gäste schaffen. Weiterhin geplant: Ein drittes Restaurant mit 40 Sitzplätzen und ein Steg am See, für den eine wasserrechtliche Genehmigung in Aussicht steht, weil die wertvollen Seerosen dadurch anscheinend nicht beeinträchtigt werden.

Schätzungsweise acht Millionen Euro soll alles zusammen kosten. Doch als Betriebsleiterin Teich diese Summe nennt, wirft Andreas Schauer ein: »Vorsicht mit den Baukosten! Im Moment über Baustellen zu sprechen und über Kosten, das wäre unseriös.« Normalerweise würde sich das Unternehmen jetzt richtig reinhängen und im Herbst ans Werk gehen, erläutert er. Aber die Zeiten sind nicht normal. Der Krieg in der Ukraine bringt viel durcheinander und sorgt für ungeahnte Risiken. »Man weiß nicht, was kommt - ob wir etwas erleben, wogegen Corona wie ein Schnupfen wirkt«, bedauert der Investor. Darum könne er auch nicht sagen, ab wann angebaut wird.

Seine GmbH hat vor, die Arbeiten komplett selbst zu finanzieren. Die Stadt müsste demnach nicht erneut einspringen. Diese versenkte schon genug Geld in das umstrittene Projekt. Insgesamt 50 Millionen Euro hat es bereits gekostet. Davon gingen allein 16 Millionen Euro an die Kristall Bäder AG, die aber für diese Summe nur einen Rohbau zuwege brachte. Sie hatte sich bei einer Ausschreibung gegen vier Mitbewerber durchgesetzt und sollte die Therme in einer öffentlich-privaten Partnerschaft für 18 Millionen Euro bauen und betreiben. Ursprünglich sollte die Therme bereits 2012 fertig sein.

Aber dann stellte sich den Stadtverordneten die Frage, ob das Projekt aufgegeben und der Rohbau abgerissen wird, was noch einmal 14 Millionen Euro verschlungen hätte. Davon hielt Linksfraktionschef Peter Hinze wenig bis nichts. Ihm und seinen beiden Genossen im Stadtparlament hätte eine einfache Schwimmhalle mit Sauna genügt. »Werder hat andere Probleme zu lösen«, erinnert Hinze. Dafür hätte man das viele Geld gut gebrauchen können. Doch da nun schon einmal so große Summen ausgegeben waren, stimmte der heute 70-Jährige dafür, die Therme fertig zu bauen. Dazu suchte sich die Kommune als neuen Partner die Schauer & Co. GmbH[1], die eigenes Geld dazuschoss, im Mai 2019 den ersten Spatenstich setzte und die Baumaßnahmen schließlich sogar einige Monate früher vollenden konnte als geplant. Der Komplex gehört der Stadt, wird aber von Schauer 30 Jahre lang betrieben.

Linksfraktionschef Hinze ist inzwischen zweimal mit seiner Frau dort gewesen. Bei der russischen Sauna fehlt ihm noch ein bisschen das landestypische Flair, und er bietet Schauer mit einem Augenzwinkern einen Samowar und Holzschuhe für die Ausstattung an. »Nur weil ein paar Bretter an die Wand genagelt werden, ist es noch keine Banja«, bemerkt Hinze. Aber ansonsten überzeugt ihn die Havel-Therme. »Es ist schon sehr schön geworden«, bestätigt er. Ein Besuch lohne sich auf jeden Fall.

Weil das auch andere so sehen und es bereits Stammgäste gibt, braucht die Therme mehr Personal. Mit 60 Mitarbeitern ist sie an den Start gegangen, hat jetzt 100 Beschäftigte und benötigt weitere 30. Gesucht werde für praktisch alle Bereiche, in Management, Küche, Service, Technik, Telefonzentrale, Rezeption und Reinigung, erläutert Betriebsleiterin Teich. Stellen werden in Vollzeit, Teilzeit und als Minijob angeboten. Ein Teil der Belegschaft pendelt mit langer Anfahrt. Darum spielt Investor Schauer schon länger mit dem Gedanken, 30 bezahlbare Wohnungen und Appartments für Mitarbeiter zu bauen. »Wir sind an dem Thema dran«, versichert er. Denn wenn auf dem Wohnungsmarkt überhaupt Quartiere in der Gegend angeboten werden, dann zu viel zu hohen Preisen.

Derweil hängen Badegäste im Wasser vor den Poolbars und lassen sich Getränke mixen. Im 25 Meter langen Kinderbecken wird es am Abend etwas ruhiger. Es ist sehr beliebt und mit zwei Euro Eintritt für zwei Stunden preiswert. Tagsüber herrscht großer Trubel. Es gibt hier auch Schwimmunterricht. Bevor die Therme existierte, mussten die Grundschüler von Werder (Havel) dafür nach Geltow gefahren werden.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1050935.der-kleine-ber-in-den-havelauen.html