nd-aktuell.de / 11.04.2022 / Berlin / Seite 10

Hoffnung und Anklage

Gedenken in Neukölln anlässlich des 10. Jahrestags des Mordes an Burak Bektaş

Claudia Krieg

Berlin. Am Sonntagnachmittag versammelten sich in Neukölln rund 200 Menschen anlässlich des 10. Jahrestags der Ermordung des jungen Erwachsenen Burak Bektaş am 5. April 2012. Angehörige und Freund*innen sowie Unterstützer*innen wie die Initiative zur Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş, der von einem Unbekannten nahe des Vivantes-Klinikums Neukölln auf der Rudower Straße erschossen worden war, hatten zur Gedenkfeier aufgerufen.

Für sie ist neben der Trauer um den Ermordeten der Umstand, dass trotz zahlreicher polizeilicher Ermittlungen kein Tatverdächtiger gefunden werden konnte, ein wichtiger Grund, die Erinnerung an den damals 22-Jährigen wachzuhalten. Nicht nur sie vermuten hinter dem Anschlag, der nach der Selbstenttarnung der Neonazis des sich selbst so bezeichnenden Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) stattfand, die insgesamt mindestens neun Menschen getötet hatten, Rassismus als Tatmotiv.

»Unsere Mandant*innen verstehen nicht, warum nicht alles dafür getan wurde, den Mord an ihrem Sohn und den Mordversuch an seinen Freunden Alex und Jamal aufzuklären«, erklärten zuletzt die Rechtsanwält*innen der Angehörigen, Mehmet Daimagüler, Ogün Parlayan, Onur Özata und Lukas Theune. »Der Mord an Burak hat nicht nur Bedeutung für die Eltern und die Geschwister und Buraks Freunde. Er hat auch Bedeutung für die gesamte Bevölkerung Neuköllns und Berlins. Es darf nicht sein, dass Menschen in unserer Stadt in Angst leben müssen, aus Rassismus angegriffen und sogar ermordet zu werden. Auch deswegen ist es so wichtig, dass dieser Fall restlos aufgeklärt wird und der Täter zur Rechenschaft gezogen wird.«

Auch die Linke-Abgeordneten Niklas Schrader und Ferat Koçak treiben seit Jahren über Anfragen im Parlament und Veranstaltungen Aufklärungsbemühungen voran. Sie setzen Hoffnungen in den Unabhängigen Untersuchungsausschuss, den die Fraktionen der Regierungskoalition beantragt haben. »Nur, wenn endlich alles auf den Tisch kommt, Missstände aufgearbeitet und Schlüsse daraus gezogen werden, lassen sich weitere Unterlassungen und Pannen beim Vorgehen der Behörden gegen Rassismus und Rechtsextremismus verhindern. Und nur so lässt sich das Vertrauen der Betroffenen, ihrer Familien und ihrer Freunde wieder zurückgewinnen«, erklärten die Linke-Politiker im Vorfeld der Kundgebung, an der Koçak ebenso teil nahm wie Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD).

Der 2018 eingeweihte Gedenkort an der Rudower Straße/Ecke Möwenweg war zuletzt mit Hilfe von Spenden, die die Initiative gesammelt hatte, zu einem Begegnungsort umgestaltet worden.