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  • Frauenfußball: Bundesliga-Saisonreport

Die Fußballerinnen kämpfen gegen den Trend

Wie die Bundesliga den Rückstand zur internationalen Konkurrenz aufholen will

Jovana Damnjanovic (l.) und der FC Bayern schieden in der Champions League gegen Paris aus, spielten aber erstmals in der großen Münchner Arena.
Jovana Damnjanovic (l.) und der FC Bayern schieden in der Champions League gegen Paris aus, spielten aber erstmals in der großen Münchner Arena.

Die Wochen der großen Entscheidungen im Fußball sind auch bei den Frauen in vollem Gange. Um den Titel, internationale Startplätze und den Abstieg geht es an diesem Wochenende in der Bundesliga. Mit einem Sieg am vorletzten Spieltag beim Tabellenletzten FC Carl Zeiss Jena könnte der VfL Wolfsburg die Titelverteidigerinnen vom FC Bayern München entthronen. Im Kampf um die Champions League würde Turbine Potsdam am Sonnabend ein Remis reichen, um die direkten Konkurrentinnen von Eintracht Frankfurt in sicherer Distanz auf Platz vier zu halten. Und sollten die Fußballerinnen des SC Sand nicht gegen den 1. FC Köln gewinnen, dann müssen sie zusammen mit Jena den Gang in die 2. Bundesliga antreten.

Kurz vor dem Saisonfinale, am Donnerstag, stellte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) in einer digitalen Medienrunde den Saisonreport zur vergangenen Spielzeit 2020/2021 vor. Als großes und medial weitverbreitetes Schlagwort blieb von dieser einstündigen Veranstaltung übrig: »Rekordumsatz«. Rund 15 Millionen Euro haben die 12 Klubs erwirtschaftet und damit knapp zwei Millionen mehr als im Spieljahr davor. Der DFB hob zudem eine »Steigerung der medialen Sichtbarkeit« hervor. »In den Bereichen ›Online‹ und ›Print‹ wurde ein Zuwachs der Reichweiten von rund 15 Prozent verzeichnet.«

Wer neben diesen Erfolgsmeldungen am Donnerstag noch Siegfried Dietrich sprechen hörte, der hätte sich leichterdings ein rosiges Bild der Zukunft malen können. Noch ein, zwei Jahre – »dann haben wir ein Vollprofitum in der Bundesliga«, sagte der Vorsitzende des DFB-Ausschusses Frauen-Bundesligen, der zugleich die Frauenabteilung bei Eintracht Frankfurt leitet. »Jetzt wird es effektiv zu einem Aufbruch kommen.«

Der schon oft verkündete Aufbruch soll laut Dietrich jetzt dahin führen, »in absehbarer Zeit mit dem Frauenfußball Geld zu verdienen«. Dass dies noch Wunschdenken ist, belegen andere Zahlen des Saisonreports: Die Ausgaben aller Bundesligavereine sind mit rund 30 Millionen Euro doppelt so hoch wie die Einnahmen. Selbst in diesem Missverhältnis sieht Dietrich eine gute Entwicklung. »Wir befinden uns in einer Investitionsphase«, sagte er und meint damit die vielen Klubs, die unter dem Dach eines Lizenzvereins der Männer wachsen sollen. Diese neun Bundesligisten sind mit einem durchschnittlichen Verlust von 1,2 Millionen Euro für das negative Gesamtergebnis verantwortlich. Die drei reinen Frauenvereine Turbine Potsdam, SGS Essen und SC Sand erwirtschafteten hingegen einen, wenn auch sehr kleinen finanziellen Gewinn.

Diesen Saisonreport, erst der zweite, der veröffentlicht wurde, lobte DFB-Vizepräsidentin Sabine Mammitzsch am Donnerstag als Zeichen der »Transparenz«. Dass allerdings nur die Kennzahlen der Bundesliga insgesamt öffentlich sind und nicht die Finanzen der einzelnen Vereine, macht eine wirkliche Einschätzung der Lage kompliziert. So lässt sich das nachweislich gestiegene Interesse von Sponsoren nicht nachvollziehen. Sind es am Ende nur der FC Bayern, Eintracht Frankfurt und der VfL Wolfsburg, die von den Geldgebern ihrer Männer-Bundesligisten profitieren? Auch die Freude über eine größere mediale Reichweite und damit gestiegenes Interesse am Fußball der Frauen kann nur eingeschränkt geteilt werden. Denn der DFB trägt mit 1,2 Millionen Euro die Hälfte der Produktionskosten des Pay-TV-Partners Magenta Sport. Konkrete Zuschauerzahlen gibt der Sender nicht bekannt.

Als Mammitzsch erwähnte, dass in Sachen Saisonreport andere Länder auf den DFB als Vorbild schauen würden, sagte sie auch: »Zumindest da sind wir wieder an führender Stelle.« Dieser Satz beschreibt die Entwicklung des Fußballs der Frauen in Deutschland in den vergangenen Jahren. Es ist ein sportlicher und wirtschaftlicher Kampf gegen den Trend. Vor allem England und Spanien, aber auch Frankreich sind enteilt – mit ihren Ligen und Vereinen sowie den Nationalteams. Das zeigen die sportlichen Ergebnisse, aber auch Interesse und Akzeptanz. Mehr als 90 000 Zuschauer wollen die Fußballerinnen des FC Barcelona sehen. Und während die Bundesliga seit Jahren im Schnitt weniger als 1000 Zuschauer pro Spiel hat, kommen in England durchschnittlich fast viermal so viele in die Stadien.

Nun ist hierzulande keineswegs alles schlecht. Die Bundesliga war in dieser Saison die einzige Liga mit drei Vereinen in der Gruppenphase der Champions League. Die Titel aber gewinnen andere. Was hilft? »Mehr Geld«, sagt Siegfried Dietrich. Das erhofft er sich von dem neuen Fernsehvertrag ab der Saison 2023/2024. Und von den Vereinen, die weiter investieren sollen. Den Anstieg der Personalkosten auf durchschnittlich fast 1,4 Millionen Euro sieht er trotz der entstandenen Verluste als Zeichen der notwendigen Professionalisierung. Damit soll der Trend, dass die besten Spielerinnen die Bundesliga verlassen, gestoppt werden. Mehr Sichtbarkeit verspricht Dietrich schon in der kommenden Saison: »Lasst euch überraschen!« Wichtig seien Highlight-Spiele wie jüngst bei den erstmaligen Auftritten der Fußballerinnen aus München und Wolfsburg in den großen Arenen ihrer Männerteams. Davon soll es schon bald mehr geben, in der Bundesliga, »in vier, fünf, sechs großen Stadien. So können wir wieder Vorreiter werden«, meint der selbst ernannte Berufsoptimist Dietrich.

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