nd-aktuell.de / 19.09.2007 / Kultur

Eremitage oder Museumsinsel?

TV-Tipp: Beutekunst

F.-B. Habel
Wenn das 1855 eröffnete und im Krieg schwer beschädigte Neue Museum auf der Berliner Museumsinsel nach Jahrzehnten im Jahre 2009 wiedereröffnet wird, soll dort auch die traditionsreiche Sammlung des Museums für Vor- und Frühgeschichte ihren Platz finden. Doch nicht alle Schätze stehen zur Verfügung. Einmalige, unersetzliche Fundstücke deutscher Forscher, darunter der Schatz des Priamos, das Eberswalder Gold und der Merowinger Goldschatz fehlen. Im Krieg wurden sie zur Sicherheit in den Flakbunker Zoo ausgelagert. Als immer deutlicher wurde, dass Berlin von der sowjetischen Armee eingenommen werden würde, wurde ein Teil der Schätze bewusst nach Westen verlagert. In der Nachkriegszeit mit den Westalliierten über die Rückgabe zu verhandeln, schien aussichtsreicher. Doch auch die Sowjetunion gab zwischen 1955 und 1957 zahlreiche Kunstobjekte zurück - an die DDR, die beispielsweise den Dresdner Zwinger und das Pergamon-Museum in Berlin wieder mit ihren schönsten Schätzen präsentieren konnte. Was nicht öffentlich gesagt wurde, war, dass zahlreiche Kunstschätze zurückbehalten wurden: Gemälde, Schmuck, Skulpturen, wertvolle Bücher, auch Filme (wovon leider nie die Rede ist). Die Pretiosen lagerten in Moskauer Geheimdepots, bevor sie 1995 zu allgemeiner Überraschung teilweise in Ausstellungen zugänglich gemacht wurden. Nach dem Völkerrecht gehören sie zurück an ihren Ursprung in Berlin, aber ein Gesetz, das die russische Duma 1998 verabschiedete, steht dem entgegen. Zähe, auch diplomatisch ungeschickte Verhandlungen haben bisher nur ergeben, dass deutsche Museumsleute Einsicht in die Objekte erhalten, auch fotografieren dürfen. Die deutsche Seite zeigt sich kooperativ und stellt auch für Ausstellungen des Merowinger Schatzes in der Eremitage in St. Petersburg und im Moskauer Puschkin-Museum Leihgaben aus Berliner Beständen zur Verfügung. Carola Wedel hat mit einem Filmteam die Vorbereitungen für die Ausstellung begleitet, mit leitenden deutschen und russischen Museumsmitarbeitern gesprochen. In ihrem mit reichem historischen Filmmaterial versehenen Bericht kommen sowohl juristische wie auch moralische Fragen zur Sprache. Erinnert wird an die hohen Verluste, die die Sowjetunion im Krieg zu tragen hatte. Überlebende der Belagerung Stalingrads berichten davon, wie ganze Familien elend zugrunde gingen. Können Kunstschätze ein Ausgleich sein? Deutlich wird, dass nur durch eine Zusammenarbeit beider Seiten eine Verständigung möglich sein kann. Die verlorenen Schätze der Museumsinsel, Teil 1: Raubgut und Beutekunst, 3sat, heute, 21 Uhr.