Billy, who?

Die Oscar-Akademie hat einen neuen Geschäftsführer

Einmal Präsident sein – eines Staates oder einer Institution. Das wär’s! Aber Geschäftsführer? Nee. Trockener Job, nicht zu beneiden. Durchaus zu fürchten. Von Künstlern und anderen musischen Menschen beargwöhnt, gar verachtet.

Die Oscar-Akademie hat einen neuen Geschäftsführer: Bill Kramer. Er sei »die ideale Wahl«, meint David Rubin, Präsident der Academy of Motion Picture Arts and Sciences. »Billy, who?« dürften – in Anlehnung an die Schlagzeile einer großen US-Zeitung zur Ehrung der deutsch-rumänischen Schriftstellerin Herta Müller mit dem Literaturnobelpreis (»Herta who?«) – nicht nur Cineasten fragen. Die Internetrecherche fällt mager aus. Und bestätigt das Klischee vom Geschäftsführer.

Mit dem berühmten Scheidungsdrama aus Hollywood, »Kramer gegen Kramer« (Dustin Hoffman und Meryl Streep), hat er nix zu tun. Da suchte er noch seine Bestimmung. Der neue Mann in der Chefetage der renommierten wie umstrittenen Oscar Academy hat einen Master in Stadtplanung an der New York University und an der University of Texas den Bachelor in Geschäftsführung abgelegt, warb hernach Spenden und Sponsoren für Design-, Kunst- und Architekturschulen und trieb das Gründungskapital für das Ende 2021 eröffnete Oscar-Filmmuseum in Los Angeles ein, dessen erster Direktor er werden wollte, zunächst indes nicht für würdig befunden ward, bis er dieses Amt im Januar dieses Jahres bekam. Dank Rubin.

Kramer löst Dawn Hudson ab, die sich für eine Verdoppelung des Anteils von Frauen und nicht-weißen Mitglieder der Akademie einsetzte. Dass nun ausgerechnet ein Geldeintreiber an die Spitze der wegen mangelnder Diversität und Sexskandalen in die Kritik geratenen Filmakademie tritt, irritiert. Nun ja, so tickt Kapitalismus. Auch hierzulande lenken und leiten Manager wissenschaftliche und kulturelle Institutionen. Überall Billies. Ausnahmen bestätigen die Regel.

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