nd-aktuell.de / 03.08.2022 / Politik / Seite 1

Indigene Stimme

Die australische Senatorin Lidia Thorpe schwört nicht auf die Queen

Peter Steiniger
Senatorin Lidia Thorpe neben Grünen-Chef Adam Bandt
Senatorin Lidia Thorpe neben Grünen-Chef Adam Bandt

Vor fünf Jahren war die Grünen-Politikerin vom Stamm der Gunditjmara die erste Vertreterin der Aborigines im Parlament von Victoria, mittlerweile vertritt Lidia Alma Thorpe den südöstlichen Bundesstaat im Australischen Senat. Bei ihrer Vereidigung an diesem Montag wich Thorpe vom Skript ab. Mit erhobener Faust trat sie vor das Parlament in Canberra und schwor beim allmächtigen Gott und »als unabhängige Bürgerin«, der »Kolonisatorin, Ihrer Majestät Königin Elisabeth der Zweiten«, die Treue zu halten. Konservative Abgeordnete und Medien reagierten empört auf den Affront gegen alte Zöpfe. Schließlich zählt das Land auf der Südhalbkugel zum Commonwealth, nach seiner Verfassung ist die Königin des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auch Australiens Staatsoberhaupt. Thorpe pfeift auf solche Traditionen und auf die Nationalfahne mit dem Union Jack links oben. Sie spricht von einem Kolonialsystem, welches das Land illegal okkupiert habe[1]. Als Parlamentarierin will sie es tüchtig ankratzen. Neben indigenen stehen Frauenrechte und soziale Fragen ganz oben auf Thorpes Agenda, Milliardäre will sie zum Nutzen der Allgemeinheit zur Kasse bitten.

Den Aktivismus für die Sache der Aborigines bekam Lidia Thorpe, geboren 1973 im Melbourner Vorort Carlton, von ihrer Mutter Alma in die Wiege gelegt. Im Alter von 17 Jahren wurde sie selbst Mutter, später erwarb die Alleinerziehende an der Universität von Swinburne ein Diplom für öffentliche Verwaltung. In der Grünen-Partei gehörte sie zu den Mitbegründern des First Nations Network, eines Bundes von Vertretern der australischen Urvölker. In das Parlament von Victoria war sie 2017 als Nachrückerin für einen verstorbenen Abgeordneten gerückt. Im September 2020 nahm Thorpe erstmals einen der zwölf Sitze für Victoria im Senat des Bundesparlaments ein. Damals zeigte sie einen Stock mit 441 Kerben. Sie standen für im Gefängnis ums Leben gekommene Aborigenes[2].

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1145229.aborigines-dem-sorry-folgte-nur-wenig.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1148633.jugendstrafrecht-jung-schwarz-und-hinter-gittern.html