nd-aktuell.de / 04.08.2022 / Politik / Seite 1

Jeder sechste Mensch von Armut bedroht

Erwerbslose und Alleinerziehende sind besonders armutsgefährdet

Lisa Ecke

Im Jahr 2021 waren 15,8 Prozent der Bevölkerung Deutschlands armutsgefährdet. Das teilte das Statistische Bundesamt am Donnerstag mit. Rund 13 Millionen Menschen waren demnach betroffen, kaum eine Veränderung zum Jahr 2020, als die Behörde 13,3 Millionen Menschen als armutsgefährdet registrierte. Doch verschiedene Studien kamen zu dem Ergebnis, dass seit Beginn der Corona-Pandemie die Armut in Deutschland noch weiter gestiegen ist. Auf Grund methodischer Änderungen kann das Statistische Bundesamt jedoch keinen Vergleich der Armutsgefährdung zum Jahr 2019 ziehen.

Als armutsgefährdet gilt, wer über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung verfügt. 2021 lag dieser Schwellenwert für eine alleinlebende Person in Deutschland bei 1251 Euro im Monat. Für zwei Erwachsene mit zwei Kindern unter 14 Jahren bei 2627 Euro im Monat.

Frauen sind laut Statistischem Bundesamt häufiger als Männer von Armut bedroht. So waren 2021 insgesamt 16,5 Prozent der Frauen, aber nur 15,1 Prozent der Männer betroffen. Vor allem Frauen ab 65 Jahren sind deutlich häufiger dem Risiko von Armut ausgesetzt als Männer in derselben Altersklasse. Auch Kinder und Jugendliche waren mit 16,2 Prozent überdurchschnittlich oft armutsbetroffen. Gleiches gilt für Alleinerziehende [1]und Alleinlebende sowie deren Kinder. Von ihnen ist sogar über ein Viertel armutsgefährdet.

Auch Erwerbslose [2]zählen zu den besonders armutsgefährdeten. Von ihnen war laut Statistischem Bundesamt 2021 fast jede zweite Person von Armut bedroht. Bei den überwiegend Erwerbstätigen betrug der Anteil dagegen nur 8,6 Prozent. Für Menschen im Ruhestand lag die Armutsgefährdungsquote bei 19,3 Prozent.

Dass insbesondere Menschen in Hartz IV von Armut bedroht sind, machte beispielsweise auch eine am Mittwoch veröffentlichte Befragung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung deutlich. »Wir sehen, dass die dringlichste Reform aus Sicht der Betroffenen eine Erhöhung des Hartz-IV-Satzes darstellt«, erklärte der Wissenschaftler Jürgen Schupp die Ergebnisse.

Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass die Armutsgefährdungsquote in diesem Jahr auf Grund der stark gestiegenen Verbraucherpreise [3]rasant steigen wird. So kommentierte etwa die Rechtswissenschaftlerin Anne Lenze gegenüber dpa: »Die Dramatik, die wir im Augenblick haben, ist in den Zahlen nicht enthalten.«

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1164923.armut-in-deutschland-hilfen-verpuffen.html?sstr=Alleinerziehende
  2. https://www.nd-aktuell.de/suche/index.php?and=Grundsicherung+schrumpft&search=Suchen&s0_d=00&s0_m=00&s0_y=0000&s1_d=00&s1_m=00&s1_y=0000&modus=2&sort=1&searchfields%5B%5D=0&searchfields%5B%5D=1&searchfields%5B%5D=2&searchfields%5B%5D=3&searchfields%5B%5D=4&display=1
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1165832.inflation-und-armut-steigende-lebensmittelpreise-verschaerfen-armut.html?sstr=Preissteigerungen