Fachkundiges Bluten

An der Kreuzberger Prinzenstraße gibt es nun Deutschlands ersten unabhängigen Periodenunterwäscheladen

  • Lola Zeller
  • Lesedauer: 4 Min.
Beratung ist alles: Josefine Marwehe (l.) im Verkaufsgespräch
Beratung ist alles: Josefine Marwehe (l.) im Verkaufsgespräch

An der Prinzenstraße in Kreuzberg, wo es etwas ruhiger ist als in vielen umliegenden Straßen in der Nähe des Kottbusser Tors, befindet sich ein wenig versteckt hinter einer Apotheke ein kleiner bunter Laden. Bis Dezember wird der Laden »Period Panty Party« bleiben. Bei der Eröffnung am Freitag herrscht Andrang. Denn Gründerin Josefine Marwehe bietet hier an, was deutschlandweit bisher fehlt: die Anprobe und den Verkauf von Menstruationsunterwäsche verschiedener Hersteller, eine vielfältige Auswahl an Produkten rund um Zyklus und Periode und dazu fachkundige Beratung.

»Periodenunterwäsche gibt es vor allem in Online-Shops, aber nicht zum Anprobieren. Die Lücke möchte ich füllen«, sagt Marwehe. Wie bei anderer Kleidung auch fallen die Konfektionsgrößen zum Beispiel unterschiedlich aus, sodass das Anprobieren eine entscheidende Rolle spiele. Menstruationsunterwäsche ist im Allgemeinen teuer, die Preise für Unterhosen auf Marwehes Webseite liegen bei 20 bis 40 Euro pro Stück. Dementsprechend kann sich eine Anprobe vorher durchaus lohnen.

Neben der Anprobe ist es die Beratung durch Marwehe selbst, die den Laden auszeichnet. Als Hebamme kennt sie sich gut mit dem Thema Menstruation aus und hat seit anderthalb Jahren Erfahrungen zu Menstruationsprodukten gesammelt. »Ich habe viele Events veranstaltet, bei denen Perioden-Panties von verschiedenen Herstellern und in verschiedenen Größen ausprobiert werden konnten«, erzählt sie. Ähnlich dem Konzept von Tupper-Partys sei bei den Veranstaltungen immer ein sehr angenehmer Austausch über die verschiedenen Produkte zustande gekommen.

»Ich habe vielen Menschen Produkte zum Ausprobieren gegeben, die mir danach davon erzählt haben. Oft muss erst mal reingeblutet werden, um zu wissen, wie gut eine Unterhose tatsächlich für die verschiedenen Bedürfnisse funktioniert«, sagt Marwehe. Den gesammelten Erfahrungsschatz kann sie nun nicht nur bei der Beratung zu Unterwäsche, sondern auch zu Menstruationstassen und -scheiben, Soft-Tampons, Schwämmen und Mitteln gegen Menstruationsbeschwerden weitergeben. All diese Produkte finden sich in ihrem Laden. Weil Marwehe weiterhin in Vollzeit als Hebamme arbeiten wird, kann der Laden in den kommenden Monaten nicht immer zu regulären Zeiten geöffnet sein. Deshalb empfiehlt sie, einen Beratungstermin über ihre Webseite zu vereinbaren.

Wie es ab Januar weiterläuft, wenn die Kreuzberger Ladenfläche zurück an die eigentliche Mieterin geht, das stehe noch nicht fest, sagt Marwehe. Die Gründerin des Periodenladens möchte ihr Konzept weiterentwickeln und etwas Nachhaltiges aufbauen. Dazu fehlten aber bisher noch die Mitstreiter*innen. »Ich hoffe sehr, dass sich hier vielleicht ein Team von Menschen findet, die das mit mir zusammen weitermachen wollen«, sagt sie.

Bis dahin hat Marwehe aber noch einiges mit der Ladenfläche vor, die mehr als ein Verkaufsort sein soll. Sie verortet ihr Projekt in einem Spannungsfeld zwischen wichtiger Bildungs- und Beratungsarbeit zum Zyklus und zur Periodengesundheit und dem kommerziellen Verkauf von Produkten, die Menstruierende gezwungen sind zu nutzen. Zusammen mit Expert*innen möchte Marwehe hier auch Workshops veranstalten, etwa zu Familienplanung und zu Periodengesundheit. »Ich möchte, dass Periodenprodukte und die Bildung gerade auch jungen Menschen zugänglich sind«, sagt sie.

Geplant ist, zum Beispiel mit dem Feministischen Frauengesundheitszentrum oder dem queeren Sexshop im Kreuzberger Bergmannkiez zusammenzuarbeiten, sagt sie. Ob sich der Ladenverkauf überhaupt rechnet, müsse sich noch zeigen. »Mir geht es nicht ums Geld. Aber es wäre schon schön, nicht im Minus zu landen und nicht insolvent zu werden«, sagt die Hebamme. Trotzdem ist es Marwehe wichtig, dass sich möglichst alle Menschen die angebotenen Produkte auch leisten können.

Bei den Gästen kommt die Eröffnung des Periodenladens gut an. Schon beim Umschauen sind sie in Gespräche über ihre eigenen Erfahrungen vertieft, geben sich gegenseitig Tipps und tauschen sich über die verschiedenen Produkte aus. Vor allem die große Auswahl an Menstruationsunterwäsche ist für viele ausschlaggebend. »Ich finde das super, in den Laden gehen und die Sachen richtig anschauen, anfassen und ausprobieren zu können. Online ist es gar nicht so einfach, die richtige Auswahl zu treffen«, sagt Lucie Winkler zu »nd«.

Auch Lisa Levkic findet die Auswahl der Produkte im neuen Periodenladen hervorragend, genauso wie die Möglichkeit der Beratung. »Ich benutze seit einem Jahr Periodenunterwäsche, die ich im Internet bestellt habe. Das war auch lange super, aber nun sind die Produkte ziemlich abgenutzt. Da hat mir einfach die Beratung zur Qualität der verschiedenen Produkte gefehlt«, sagt Levkic.

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