nd-aktuell.de / 22.09.2022 / Kommentare / Seite 1

Die Macht der Lockerheit

Neben grinsenden Grünen wirkt Giffey angespannt, findet Patrick Volknant.

Patrick Volknant

Es ist nicht viel, aber es ist mehr. Mit 22 Prozent liegen die Berliner Grünen derzeit genau einen Zähler vor der zweitbeliebtesten Kraft im Land, der CDU. Die Partei der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey hingegen scheint den Anschluss zu verlieren. Nach dem Verlust von drei Prozentpunkten rangiert die SPD mittlerweile auf Platz drei.

Klar muss bei der Landespolitik immer ein Auge in Richtung Bund schielen. Auch dort hat die SPD seit ihrem Wahlerfolg im September vergangenen Jahres ordentlich Federn lassen müssen – sieben Prozentpunkte, um genau zu sein. Die Trägheit des Bundeskanzlers, die viele Deutsche vor der Wahl noch als Kompetenz missdeuteten, wird ihm seit dem russischen Angriff zum Verhängnis. Sowohl im Bund als auch in Berlin nähern sich die Werte der SPD nun wieder dem Niveau an, auf dem sie vor dem plötzlichen Stimmungsumschwung im Sommer 2021 herumgeisterten.

Die Grünen hingegen konnten sich aus ihrem damaligen Loch befreien. Gerade in Berlin steigen die Zahlen, während sie im Bund zuletzt stagnierten. Das mag nicht zuletzt an Persönlichkeiten wie der Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch oder dem Finanzsenator Daniel Wesener liegen, die sich bei ihren Auftritten vor allem auf eines verstehen: Gelassenheit. Wo Giffey bisweilen eingeschnappt auf Kritik reagiert, wirken sie entspannt oder gar belustigt.

Auch dem CDU-Fraktionschef Kai Wegner kann man, im Gegensatz zur FDP, übrigens keine schlechte Oppositionsarbeit vorwerfen. Der Linken, dauersabotiert von eitlen Alleingängen auf Bundesebene, gelingt es immerhin, den Negativtrend von der Hauptstadt fernzuhalten.

Letztlich aber scheint die Beliebtheit des kompletten Senats an den Erfolg der Regierenden Bürgermeisterin gekettet zu sein. Die Zahl derer, die mit der Arbeit Giffeys und der Leistung der Koalition insgesamt zufrieden sind, ist mit 31 Prozent identisch. Die SPD-Politikerin gibt sich Mühe, ist omnipräsent, nimmt Geld in die Hand, um zu entlasten[1]. Doch wie ihr Vorpreschen bei der Nachfolge für das 9-Euro-Ticket wirkt das eben oft berechnend und ungelenk.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1167080.energiekrise-der-bund-soll-es-richten.html?sstr=volknant