AfD legt stark zu, Die Linke ein bisschen

Fast die Hälfte der Brandenburger fürchtet, die Energierechnung nicht mehr bezahlen zu können

»Ein Zuwachs um zwei Prozent für Die Linke stellt uns längst nicht zufrieden. Aber er zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind«, reagiert Landesgeschäftsführer Stefan Wollenberg am Donnerstag. »Wir werden den Protest der Menschen auf die Straße tragen und gemeinsam mit demokratischen Partnern aus der Zivilgesellschaft für einen solidarischen Weg aus der Krise streiten.«

Am Mittwochabend veröffentlichte der Rundfunk RBB seinen jüngsten Brandenburg-Trend. Dafür hatte das Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap im Zeitraum vom 22. bis zum 26. September 1165 wahlrechtige Brandenburger befragt. Eines der Ergebnisse: Wäre am Sonntag Landtagswahl, so würde Die Linke 9 Prozent der Stimmen erzielen. Das sind 2 Prozentpunkte mehr als zuvor bei einem am 27. Februar veröffentlichten Brandenburg-Trend. Damals konnten Effekte des russischen Angriffs auf die Ukraine am 24. Februar und der daraus folgenden Krise noch nicht gemessen werden, weil die Befragung vor Ausbruch des Krieges erfolgt war.

Umfrageergebnisse
  • 76 Prozent der befragten Brandenburger
    wollen im kommenden Winter weniger
    Strom verbrauchen; 21 Prozent wollen
    dazu alte Geräte austauschen.
    li>62 Prozent der Brandenburger wollen weniger heizen. Von den Anhängern der Grünen haben sich 79 Prozent vorgenommen, weniger zu heizen, bei den AfD-Anhängern sind es 51 Prozent (SPD-Anhänger 69 Prozent, CDU-Anhänger 68 Prozent, Linke-Anhänger 61 Prozent).
  • Ausfälle bei der Gas- und Stromversorgung erwarten 43 Prozent der Brandenburger.
  • 46 Prozent der Befragten rechnen mit
    Schwierigkeiten, die Energierechnung zu
    bezahlen. Bei den AfD-Anhängern rechnen 59 Prozent damit (Linke-Anhänger 55 Prozent,
    CDU-Anhänger 40, SPD-Anhänger 34, Grüne-
    Anhänger 21 Prozent).
  • Die politischen Gewichte haben sich in den zurückliegenden Jahren massiv verschoben. Jetzt liegen SPD und AfD in Brandenburg bei je 24 Prozent, die CDU bei 18, die Grünen bei 11
    und Die Linke bei 9. Bei der Landtagswahl 2009 hatte die SPD noch 33 Prozent erreicht (Linke 27,2; CDU 19,8; FDP 7,2; Grüne 5,7). Die AfD gab es damals noch nicht. Bei der Landtagswahl 1994 erreichte die SPD mit 54,1 Prozent sogar einmal die absolute Mehrheit der Stimmen. Den Ministerpräsidenten stellte sie seit 1990 durchgehend. af

    Mit 9 Prozent bewegt sich Die Linke jetzt immer noch unterhalb der auch schon desaströsen 10,7 Prozent, die sie bei der Landtagswahl 2019 erhalten hatte. Das erklärt die Einschätzung von Landesgeschäftsführer Wollenberg, die Partei gebe sich damit nicht zufrieden. Aber andere Ergebnisse der Umfrage legen nahe, dass es weiter bergauf gehen könnte, während es für die SPD von Ministerpräsident Dietmar Woidke bergab geht.

    Die Sozialdemokraten haben seit Februar 6 Prozentpunkte verloren und liegen nun auch 2,2 Prozentpunkte unter ihrem Landtagswahlergebnis von 2019. Sie stehen jetzt bei 24 Prozent und liegen damit nur noch gleichauf mit der AfD, die ihrerseits seit Februar 5 Prozentpunkte zulegte und auch schon einen halben Prozentpunkt besser dasteht als bei der Landtagswahl.

    Für die CDU hat sich seit Februar nichts verändert. Sie bleibt jetzt bei 18 Prozent. Bei der Landtagswahl hatte sie enttäuschende 15,6 Prozent erhalten. Die Freien Wähler schafften damals mit 5,0 Prozent den Einzug ins Parlament in Fraktionsstärke. Nun verharren sie schon länger bei 4 Prozent und würden gegenwärtig an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern.

    Die Grünen hatten mit ihren 10,8 Prozent bei der Landtagswahl das erste Mal in ihrer Geschichte in Brandenburg die Linkspartei überflügelt und erreichten bei einem Höhenflug im Mai 2021 einen Umfragewert von 16 Prozent, stürzten dann aber bis September jenen Jahres auf 8 Prozent ab. Es war das bei den Grünen so häufig zu beobachtende Auf und Ab in einem Wahljahr, denn es standen seinerzeit Bundestagswahlen an. Jetzt finden sich Brandenburgs Grüne bei 11 Prozent wieder. Die nicht im Landtag vertretene FDP sinkt im Vergleich zum Februar von 6 auf 4 Prozent.

    Vor einem Jahr waren 53 Prozent der Brandenburger zufrieden mit ihrer rot-schwarz-grünen Landesregierung. Nun sind nur noch 39 Prozent zufrieden und 55 Prozent sind unzufrieden. Linke-Landesgeschäftsführer Wollenberg kommentiert das so: »Der Absturz der Landesregierung beim Zufriedenheitswert und der drastische Vertrauensverlust der Brandenburger und Brandenburgerinnen zeigt: Das Krisenmanagement der Landesregierung ist katastrophal.« Auf die Sorgen vieler Menschen habe die Regierung keine passenden Antworten. »Stattdessen werden Beruhigungspillen verteilt.«

    Die wirken aber offensichtlich nicht. 88 Prozent der Befragten erwarten, dass wegen der hohen Strom- und Gaspreise Arbeitsplätze verloren gehen, und 46 Prozent befürchten, im Winter ihre Energierechnungen nur noch mit erheblichen Schwierigkeiten bezahlen zu können. Eigentlich wenig überraschend, machen sich jene mit einem monatlichen Nettoeinkommen unter 1500 Euro mehr Sorgen als jene mit mehr als 3500 Euro. Bei Ersteren fürchten 61 Prozent, die Energierechnung nicht begleichen zu können, bei Letzteren 29 Prozent.

    »Wir sehen den Bund in der Verantwortung, wirksame Maßnahmen gegen weiter steigende Energiepreise zu ergreifen, um die enormen sozialen Härten im kommenden Herbst und Winter abzufedern«, erklärt Grünen-Landtagsfraktionschefin Petra Budke am Donnerstag. »Besonders im Bereich Gesundheit, Pflege und öffentlicher Nahverkehr müssen weitere Entlastungen auf den Weg gebracht werden. Ein landeseigenes Rettungspaket muss den Schwerpunkt auf Hilfen für die soziale Infrastruktur sowie auf Maßnahmen legen, die die ökologisch-soziale Transformation unterstützen. Je schneller wir unabhängiger von fossilen Energieträgern werden, umso schneller überwinden wir diese Krise.«

    Nach Einschätzung von Linke-Landesgeschäftsführer Wollenberg gefährdet die gegenwärtige Politik der Regierung das Vertrauen der Bürger in die Handlungsfähigkeit der Politik. Das stärke die AfD. »Ein Kurswechsel und echte Hilfen für die Menschen sind dringend erforderlich.«

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