nd-aktuell.de / 28.10.2022 / Ratgeber / Seite 1

Eigenanteil im Pflegeheim steigt weiter

Eine hohe Belastung von bis zu 1000 Euro ist möglich

vzsa/PI/nd
Eine Pflegerin (l) und eine Bewohnerin des Pflegeheims schauen zusammen aus einem Fenster. Wird der Pflegeheimplatz eine Frage des Vermögens?
Eine Pflegerin (l) und eine Bewohnerin des Pflegeheims schauen zusammen aus einem Fenster. Wird der Pflegeheimplatz eine Frage des Vermögens?

Eine Welle der Entgelterhöhungen rollt auf die Bewohner von Pflegeheimen zu. Das zeigen auch die bei der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt (vzsa) eingegangenen Anfragen von Verbrauchern, die über eine im Durchschnitt beantragte Erhöhung von 750 Euro des Eigenanteils informieren. Der Gesamteigenanteil im Pflegeheim[1] liegt mit derartigen Erhöhungen weit über 2000 Euro. Eine Verbraucherin kontaktierte die Beraterinnen der Pflegerechtsberatung mit
der Frage, ob das Pflegeheim, in dem ihre Mutter lebt, den Eigenanteil verdoppeln darf. Der bisherige Eigenanteil für die Bewohnerin lag bei 1685,27 Euro.

Ab dem 1. August 2022 soll der Heimplatz 3292,96 Euro kosten. Das Heim hat demnach bei den Pflegekassen eine Erhöhung von 1607,69 Euro beantragt. Das Ergebnis der Pflegesatzverhandlungen ist noch offen, zumindest gab es bislang noch keine weiteren Informationen des Pflegeheims. Die Finanzierung eines Pflegeheimplatzes ist bei derartigen Erhöhungen keine Frage des Einkommens mehr, sondern eine Frage des Vermögens. Die Durchschnittsrente eines Mannes in Sachsen-Anhalt von 1293 Euro (Stand 2020) reicht zur Deckung dieser Zuzahlungen nach Abzug der Leistungen der Pflegekassen bei weitem nicht mehr aus. Daher erreichen die Pflegerechtsberatung verstärkt Anfragen zu Entgelterhöhungsverlangen der einzelnen Pflegeheime und zur Frage der Finanzierbarkeit. Das Thema Sozialhilfeleistungen in der Pflege ist darauf
zumeist die einzige Antwort für den Großteil der Verbraucher.

Die Pflegerechtsberatung der Verbraucherzentrale[2] Sachsen-Anhalt rät dringend zu einer Überprüfung der erhaltenen Entgelterhöhungsschreiben der stationären Einrichtung. Fragen von Pflegebedürftigen und Angehörigen beantwortet die Verbraucherzentrale an ihrer Hotline Pflegerechtsberatung. Die kostenfreie Hotline ist unter (0800) 100 37 11 erreichbar. Anfragen können auch per Mail an pflegerechtsberatung@vzsa.de[3] oder per Post an Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt, Hotline Pflegerechtsberatung, Steinbockgasse 1, 06108 Halle (Saale), gestellt werden.

Eugen Brysch, Vorstand der gemeinnützigen Deutschen Stiftung Patientenschutz[4], eine vom Malteserorden gegründete Organisation zur Interessenvertretung von schwerstkranken, pflegebedürftigen und sterbenden Menschen, erklärte zur Pflegereform: »Laut Verband der Ersatzkassen versterben 30 Prozent seiner Versicherten im Pflegeheim im ersten Jahr. Über alle Pflegekassen hinweg sind es 37 Prozent. Alle zu zahlenden Kosten für ein Pflegeheim stiegen in den letzten sechs Monaten um monatlich 67 Euro und damit um 3,1 Prozent. Somit können die im letzten Jahr beschlossenen Regelungen in der Pflegeversicherung die Kostenexplosion nicht stoppen. Da die Lohnsteigerungen und die Inflationsrate hier noch gar nicht eingepreist sind, wird der Druck auf die Pflegeheimbewohner weiter steigen. Die Bundesregierung muss akzeptieren, dass der Pflege-Eigenanteil jetzt endlich von der Pflegeversicherung zu tragen ist.«

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1166548.heimentgelte-pflegebeduerftige-werden-ausgepresst.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1167550.inflation-mit-den-waffen-der-shrinkflation.html
  3. pflegerechtsberatung@vzsa.de
  4. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1166653.stationaere-pflege-weckruf-mit-unterton.html