nd-aktuell.de / 08.11.2022 / Berlin / Seite 1

Sorgen in der Gegenwart und Angst vor der Zukunft

Meinungsforschung erkennt tiefe Verunsicherung der Brandenburger Bevölkerung

Andreas Fritsche

Nur noch 12 Prozent der Brandenburger sind mit ihrem Leben sehr zufrieden. Im Jahr 2020 waren es noch 20 Prozent. Jetzt sind 30 statt früher 19 Prozent weniger oder gar nicht zufrieden. Zwar bewertet noch eine knappe Mehrheit von 51 Prozent der Befragten die persönliche finanzielle Situation als gut oder sogar sehr gut. Vor zwei Jahren waren es aber noch 61 Prozent. Eine weitere Verschlechterung der eigenen finanziellen Situation erwarten nun 40 Prozent. Das sind 23 Prozentpunkte mehr als 2020. Denken die Brandenburger an ihre Zukunft, so überwiegen bei 62 Prozent die Sorgen (ein Plus von 21 Prozentpunkten). 61 Prozent glauben nicht, dass in den nächsten Jahren die Löhne im Bundesland angemessen steigen werden. Der Feuerwehr vertrauen die Brandenburger zwar (89 Prozent), aber nicht der Landesregierung, mit der 57 Prozent der Bevölkerung weniger oder gar nicht zufrieden sind. Auch misstrauen sie den Medien (70 Prozent) und den Parteien insgesamt (79 Prozent). Nicht einmal auf die Partei, die sie wählen, wollen sich 42 Prozent der Brandenburger verlassen.

Zu diesem Ergebnis kam nach 2018 und 2020 im Sommer 2022 die dritte Welle einer Befragung durch das Meinungsforschungsinstitut Policy matters GmbH (PMG)[1]. Die Auswertung legte Geschäftsführerin Rita Müller-Hilmer am Dienstag vor – gemeinsam mit Staatssekretär Benjamin Grimm (SPD), denn die repräsentative Befragung von 1010 Wahlberechtigten erfolgte im Auftrag der Potsdamer Staatskanzlei.

»Die Ergebnisse der Studie sind keine große Überraschung«, urteilte Staatssekretär Grimm. Die offenkundigen Probleme kennt die Regierung bereits aus ihren Bürgerdialogen wie zuletzt in Bernau. Ein bisschen beruhigte Grimm sich damit, dass die PMG die Menschen vom 15. Juli bis zum 4. August interviewte, zu einer Zeit, als die Explosion der Lebensmittelpreise schon spürbar und die der Energiepreise absehbar war, aber noch niemand etwas zu konkreten Entlastungsmaßnahmen zu sagen wusste. Die mittlerweile beschlossenen Schritte werden nach fester Überzeugung des Staatssekretärs aber Wirkung zeigen.

In dieser Auffassung bestätigte ihn Meinungsforscherin Müller-Hilmer. Im jüngeren Deutschlandtrend hätten sich die Werte wieder etwas verbessert. Müller-Hilmer sagte aber dennoch: »Es ist einfach eine extrem hohe Verunsicherung da.« Von der Finanzkrise 2008 fühlten sich einst 20 Prozent der Bevölkerung persönlich betroffen, von den Verhältnissen jetzt 50 Prozent.

Brandenburgs Linksfraktionschef Sebastian Walter kommentierte: »Statt sich auf die Schulter zu klopfen, sollte die Landesregierung angesichts der Befunde nachdenken, wie sie zügig umsteuern kann.«

Klar ist: Den Brandenburgern bereiten heute andere Dinge Kopfzerbrechen als früher. So geben 14 Prozent an, Inflation und Preise seien eines der wichtigsten Probleme, die vordringlich gelöst werden müssten. Das hatte zuvor niemand auf dem Schirm. Die Asylpolitik, die Arbeitslosenquote und die Benachteiligung der Ostdeutschen haben an Brisanz verloren.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1110249.alternative-fuer-deutschland-die-inkompetenz-in-person-der-afd.html?sstr=Policy|matters