Schnell waren die Drahtzieher des Bombenanschlags in Istanbul gefunden – zu schnell vielleicht. Für die türkische Regierung steckt die kurdische Arbeiterpartei PKK dahinter: Eine Syrerin mit Verbindungen zur Kurden-Miliz YPG habe gestanden. An dieser Rekonstruktion sind Zweifel erlaubt. Warum sollte die PKK wahllos Menschen in einer Einkaufsstraße töten, wenn ihr eigentliches Ziel der türkische Staat[1] ist? Sie würde sich unnötig der Vergeltung durch Polizei und Armee aussetzen. Und ist die YPG so kurzsichtig, einen türkischen Gegenschlag zu provozieren?
Sicher ist bislang nur, dass Präsident Recep Tayyip Erdoğan den Anschlag politisch ausschlachten wird, innen- wie auch außenpolitisch. Im Juni nächsten Jahres wählen die Türk*innen[2] Parlament und Präsident; die Umfragen für Erdoğan und seine Partei AKP stehen schlecht, die Wirtschaftslage ist desolat[3]. Aufgefordert zur patriotischen Sammlung hinter ihrem Präsidenten gegen die »kurdischen« Terroristen[4], dürften wohl viele Wähler*innen ihre Stimme Erdoğan geben. Außenpolitisch bietet der Anschlag den besten Vorwand für die lange angekündigte Militärinvasion der kurdischen Autonomiegebiete in Nordsyrien[5].
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1168505.pkk-und-tuerkei-kein-ueberzeugendes-motiv.html