Werbung

Häufiger krank, seltener zum Arzt

Verantwortung für die eigene Gesundheit übernehmen Männer häufig nur zögerlich

  • Yuriko Wahl-Immel
  • Lesedauer: 4 Min.

Männer sind von einigen ernsthaften Erkrankungen häufiger betroffen als Frauen. Ihr Leben fällt im Durchschnitt in Deutschland um rund fünf Jahre kürzer aus. Und zugleich verhalten sie sich nach Experten-Einschätzung oft weniger gesundheitsbewusst und deutlich risikoreicher. Mehreren Studien zufolge suchen Männer zudem seltener einen Arzt auf als Frauen, machen um Vorsorgeuntersuchungen gerne einen Bogen. Zum Internationalen Männertag an diesem Freitag sehen Experten daher Handlungsbedarf.

Untersuchungen der Deutschen Gesellschaft für Mann und Gesundheit (DGMG) zeigen, dass gut 59 Prozent aller Frauen, aber nur 22 Prozent aller Männer eine Vorsorgeuntersuchung wahrnehmen, wie Frank Sommer sagt. »Männer sind immer noch Vorsorgemuffel«, so der DGMG-Präsident. Aber immerhin wiesen Langzeitstudien darauf hin, dass allmählich mehr Männer zur Vorsorgeuntersuchung gehen. Das sei ein langsamer, aber stetiger Trend.

Um Gründe für die Zurückhaltung bei Arztbesuchen zu ermitteln, habe man rund 970 Männer befragt. Ergebnis: 78 Prozent gaben an, lange Wartezeiten schreckten sie ab, sagt der Professor für Männergesundheit am Uniklinikum Hamburg-Eppendorf. Etwa jeder Vierte befürchte eine unangenehme oder schlechte Mitteilung. Jeder Fünfte zeigte sich besorgt, eine Untersuchung könne schmerzhaft sein. Viele Männer seien auch unzureichend über ihre Risikofaktoren informiert, etwa Blutzucker- oder Blutfettwerte, schildert Sommer.

Grund für medizinische Checks gebe es definitiv: Bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind Männer vor allem in der Gruppe der 40- bis 60-Jährigen signifikant häufiger betroffen als Frauen, wie der Urologe sagt. »Teilweise fünfmal so viele Männer wie Frauen haben in dieser Altersgruppe einen plötzlichen Herztod.« Auch Krebserkrankungen treffen Männer in der Regel häufiger.

Prävention sei wichtig, betont Sommer. Ein Beispiel: Kläre man die Ursache von Erektionsstörungen ab, könne man auf eine Gefäßproblematik stoßen, die manchmal zugrunde liege. Das wiederum könne hinweisen auf eine generalisierte Gefäßerkrankung und ein drohendes Auftreten eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls mehrere Jahre später. Decke man hier also frühzeitig auf, habe man die Möglichkeit, gezielte Prävention zu betreiben.

Männer sollten motiviert werden, mehr Verantwortung für ihre Gesundheit zu übernehmen und das Bewusstsein für Risiken zu schärfen, mahnt die Stiftung Männergesundheit. Es brauche besondere Präventions- und Versorgungsangebote für physisches, psychisches und soziales Wohlbefinden. Der Stiftung zufolge sterben etwa doppelt so viele Männer wie Frauen an Lungenkrebs. Deutschland habe zudem den europaweit höchsten Anteil an depressiven Männern.

Gesundheit spiele für viele eine untergeordnete Rolle. Etwa 62 Prozent der Männer seien übergewichtig. Gesundheitsgefährdender Alkohol- und Drogenkonsum komme bei Männern erheblich häufiger vor als bei Frauen. Zudem falle ihr Verhalten im Straßenverkehr riskanter aus – bei rund 75 Prozent aller Sterbefälle durch Verkehrsunfälle handele es sich um Männer.

Es gebe noch immer ein Männerbild, nach dem diese vor allen zu funktionieren haben. »Jedoch gerät dieses Männerbild allmählich ins Schwanken«, sagt eine Sprecherin der Stiftung. Besonders bei den Jüngeren zeichne sich ein Wandel ab. Aber ein wachsender Anteil lasse eine »sensible Wahrnehmung« gesundheitlicher Probleme und eine tiefere Auseinandersetzung damit zu.

Und warum haben Männer eine geringere Lebenserwartung? Es gebe dazu ein Fülle von Theorien, die sich auch auf die Genetik bezögen, erläutert Experte Sommer. Auf dem Y-Chromosom des Mannes – Frauen besitzen zwei X-Chromosomen, Männer hingegen X und Y – sind deutlich weniger genetische Informationen kodiert als auf dem X-Chromosom. Wenn das X-Chromosom des Mannes einen Schaden habe, könne das Y-Chromosom daher nicht alle Funktionen übernehmen. Im Gegensatz zum viel zierten Spruch, Männer seien das stärkere Geschlecht, betont Sommer: »Wir Männer sind aus gesundheitlicher Sicht wirklich das schwächere Geschlecht.« dpa/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal