nd-aktuell.de / 01.12.2022 / Politik / Seite 1

Burundi sucht stabilen Frieden

Nach dem Krieg ist seit 2005 ein Aussöhnungsprozess im Gang

Vanessa Kohm, SODI

Rund drei Viertel der burundischen Bevölkerung leben in Armut. Eine nennenswerte Industrie gibt es ebenso wenig wie Bodenschätze. Die medizinische Versorgung ist unzureichend, Lebensmittel sind knapp. Kurzzeitig musste die Organisation d’Appui à l’auto-Promotion (Organisation zur Förderung der Selbsthilfe, OAP) Projektaktivitäten verschieben: Es war nicht genug Benzin da, um in die Dörfer der Projektregion zu fahren. SODI und OAP unterstützen in der am Ostufer des Tanganjikasees gelegenen Provinz Rumonge Dorfbewohner*innen dabei, Konflikte mit eigenständig vermittelnden Friedenskomitees beizulegen. Damit entschärft OAP die Konfliktlage um knappe Ressourcen mit der Förderung wirtschaftlicher Perspektiven.

Allgegenwärtig sind vor allem Konflikte um die knappen landwirtschaftlich nutzbaren Flächen, von deren Erträgen rund 90 Prozent der Menschen in Burundi leben. Auslöser sind in der Provinz Rumonge immer wieder unvollständig dokumentierte und ungeklärte Besitzverhältnisse, die in der Geschichte der Gewalt und Vertreibung Burundis zustande kamen. Besonders die Massentötungen, bei denen 1972 Schätzungen zufolge zwischen 100 000 und 250 000 Menschen getötet wurden, haben viele ins Exil gezwungen. In Kirundi wird diese Episode der Gewalt als »Ikiza« bezeichnet, was mit »Katastrophe« übersetzt werden kann.

Aktuell kehren viele der nach Tansania Geflohenen in die Provinz Rumonge zurück – nicht immer freiwillig. Die Lebensbedingungen in den Unterkünften der Geflüchteten in Tansania sind häufig menschenunwürdig. Betroffene berichten von Folter und gewaltsamen Rückführungen. Ihre Häuser und Grundstücke wurden unterdessen von anderen genutzt. Nun teilen sich die Zurückgekehrten das knappe Land mit denen, die es in der Zwischenzeit genutzt haben. Eine Situation, in der Konflikte nahezu auf der Tagesordnung stehen.

Die Menschen in der Provinz Rumonge haben Angst, dass die Gewalt wieder eskaliert. Frisch sind Erinnerungen an Massenmorde, Vertreibung und Flucht zu Zeiten des Bürgerkrieges zwischen 1993 und 2005. Die Aufklärung der »Ikiza« wird von staatlicher Seite blockiert – und damit auch der Weg zur Versöhnung. Nach den jüngsten Wahlen 2020 war die Hoffnung groß, dass die Gewalt unter Präsident Évariste Ndayishimiye nachlassen würde. Doch der Uno-Sonderberichterstatter zur Menschenrechtssituation in Burundi, Fortuné Gaétan Zongo, berichtete erst kürzlich, dass sich die Menschenrechtslage seit 2015 nicht signifikant verbessert habe.