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Erfolg geht auch mit Haltung

Deutschlands Ausscheiden hatte nichts mit der Kapitänsbinde zu tun

Kai Havertz (l.) und Niclas Füllkrug waren enttäuscht. Zu simple Entschuldigungen suchten sie aber nicht.
Kai Havertz (l.) und Niclas Füllkrug waren enttäuscht. Zu simple Entschuldigungen suchten sie aber nicht.

Es dauerte nur wenige Minuten, bis erste Reporter der ARD damit begannen, die deutschen Nationalspieler danach zu fragen, ob die Debatte um die »One Love«-Kapitänsbinde doch zu sehr abgelenkt und damit das Vorrunden-Aus mit verursacht habe. Es ist den Fußballern hoch anzurechnen, dass sie diese dargebotene Ausrede nicht ausnutzten und die Theorie sofort abschmetterten. So auch Doppeltorschütze Kai Havertz, der sagte: »Das ist das Letzte, womit wir uns rausreden wollen. Die fußballerische Leistung geht vor. Als Sportler sind wir Vorbilder für die Gesellschaft. Wir stehen weiterhin für das, was wir neben dem Platz gesagt haben, auch wenn uns das im Turnier nicht weitergeholfen hat.«

Das Hin und Her um die Binde mag zwar anstrengend und ärgerlich gewesen sein, doch diese Profis waren dennoch in der Lage, sich auf das zu konzentrieren, wofür sie nach Katar geschickt worden waren. Um guten Fußball zu spielen. Dass sie ihr selbst gewählter Protest vor dem ersten Spiel gegen Japan nicht davon abhielt, zeigte bereits die erste Hälfte gegen die Japaner. Deutschland war lange das bessere Team, hatte mehr Chancen und ging verdient in Führung. Erst nach 70 Minuten fiel Hansi Flicks Mannschaft auseinander, machte den Gegner mit Abwehrfehlern stark und verlor noch die letztlich entscheidende Vorrundenpartie. Da waren Binde und Mund-zu-Geste aber längst schon wieder vergessen.

Auch bei Jamal Musialas vergebener Großchance gegen Spanien einige Tage danach hatte er sicher nicht mehr an Menschenrechtsverstöße in Katar oder an Machtdemonstrationen der Fifa gedacht. Dass allein drei deutsche Schüsse gegen Costa Rica am Pfosten hängenblieben, war ebenso wenig politisch begründet wie die regelmäßigen mentalen Aussetzer von Antonio Rüdiger, Niklas Süle oder David Raum. Die passieren einfach im Fußball. Den besseren Abwehrspielern seltener als den schlechteren – und die Deutschen gehörten nicht zu den besseren. Das taten sie aber auch schon in den vergangenen Jahren nie, da sie ein ums andere Mal am Ende von Spielen einen Vorsprung wieder herschenkten. Und damals wurde noch nicht über politische Statements debattiert.

Selbst wenn diese Couch-Psychologie wahr wäre – und wie gesagt, sie ist es nicht: Ohne die Aktion der deutschen Spieler vor dem Japan-Spiel hätten Katars Machthaber und die Fifa einen Sieg auf ganzer Linie davongetragen. Schließlich blieb jener Protest bis heute der einzig sichtbare von WM-Spielern auf dem Rasen. Das macht ihn umso wichtiger. Selbst wichtiger als ein enttäuschendes Ausscheiden nach der Vorrunde.

Lesen Sie alle unsere Beiträge zur Fußball-WM in Katar unter: dasnd.de/katar

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