nd-aktuell.de / 21.12.2022 / Gesund leben / Seite 1

Tofu und Tempeh statt Fleisch

Für das Festtagsessen aus Pflanzen bieten sich immer mehr vegane Fertigprodukte an

Anke Nussbücker
Für das Festtagessen gibt es zahlreiche vegane Ersatzprodukte und auch selbstgemachte pflanzliche Gerichte eignen sich hervorragend.
Für das Festtagessen gibt es zahlreiche vegane Ersatzprodukte und auch selbstgemachte pflanzliche Gerichte eignen sich hervorragend.

Im November wurde die Marke von acht Milliarden Menschen [1]auf der Erde überschritten. Angesichts dieser enorm großen Weltbevölkerung und der bereits eingetretenen Klimaveränderungen stellt sich die Frage, auf welche Art und Weise alle Menschen satt werden, ohne dass der Raubbau an der Natur ungebremst weitergeht.

Pflanzliche Lebensmittel, die als Ersatz tierischer Produkte wie Fleisch, Wurst und Milch dienen können, werden in den verschiedenen Lebensmittelmärkten zunehmend sichtbar. Immer mehr Flexitarier greifen gelegentlich zu Fleischalternativen wie »Soja like Chicken« oder »Soja wie Döner«, zu vegetarischem Aufschnitt oder veganen Schnitzeln – mit dem Ziel, ihren Fleischkonsum allmählich zu reduzieren. Diese Fleischersatzprodukte ähneln in Textur und Geschmack täuschend einer konventionellen Fleischmahlzeit.

Eine Mehrheit von Veganern deckt ihren Proteinbedarf jedoch lieber mit Tofu und Tempeh oder Hülsenfrüchten in ihrer ursprünglichen Form. Inzwischen sind auch pflanzliche Milchalternativen nicht nur aus Soja, sondern aus Erbsen, Mandeln, Nüssen und Getreide fast überall erhältlich. All diese pflanzlichen Lebensmittel sind aus ökologischer Sicht von großer Bedeutung. Es nützt der Erdatmosphäre auch, wenn viele Menschen weniger Butter und Käse essen. Jede direkt aus Pflanzennahrung aufgenommene Kalorie ist effizienter als der Umweg der Nahrungsenergie durch einen Tiermagen.

Wie aber sind die verschiedenen hoch verarbeiteten Pflanzenerzeugnisse aus gesundheitlicher Sicht [2]zu bewerten? Im Grunde hat jedes Pflanzenprodukt bestimmte Vor- und Nachteile. Es ist gut, sich ihrer bewusst zu sein, auch um auf lange Sicht einer einseitigen Ernährung vorzubeugen.

Regional gedeihen grüne und gelbe Erbsen sehr gut, sie haben ein wesentlich geringeres Allergiepotential als Sojabohnen. Auch weiße und grüne Bohnen gehören zu den traditionell in Mitteleuropa angebauten Hülsenfrüchten. Sie enthalten sogenannte Oligosaccharide, die im Darm zu unangenehmer Gasbildung und zu Blähungen führen können und sind daher nicht bei allen Menschen beliebt.

Die Sojabohne enthält weniger dieser schwer verdaulichen Oligosaccharide wie Stachyose, daher verursachen Sojaprodukte viel seltener Blähungen als die meisten anderen Bohnen. Die in den Hülsen befindlichen Samen von Soja enthalten hauptsächlich Protein und Fett. Dieses Protein ist so hochwertig, dass es dem tierischen Protein aus Fleisch und Fisch in nichts nachsteht.

Für Soja sind im asiatischen Raum vielfältige Verarbeitungsvarianten entstanden. Fermentierte Sojasoße und Misopaste dienen als Würzmittel, während Tofu und Tempeh als sättigende Beilage zu Reis und Gemüse, in Suppen, Vor- und Nachspeisen verwendbar sind.

Um Tofu herzustellen, werden Sojabohnen gereinigt, eingeweicht, zu feinem Püree zerkleinert und gefiltert. Danach wird ein Gerinnungsmittel zugesetzt. In Japan ist dafür Magnesiumchlorid beliebt, in China wird vorwiegend Kalziumsulfat verwendet. Oft setzt man auch eine Mischung der beiden Verbindungen ein. Im Anschluss wird das geronnene Eiweiß zu größeren Tofublöcken gepresst. Vergorener oder auch fermentierter Tofu entsteht mit Hilfe von Milchsäurebakterien. Er gilt als besonders leicht verdaulich.

Für die genannten Gerinnungsmittel gibt es laut der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) keine Höchstmengenbeschränkung beim Einsatz in Lebensmitteln, da sie als unbedenklich für die Gesundheit eingestuft wurden. Dem ist allerdings nur bedingt zuzustimmen. Am Ende kommt es auf die Häufigkeit und Menge der verzehrten Nahrungsmittel an, die mit diesem als E516 benannten Zusatzstoff hergestellt werden. Gerade für sehr kleine Kinder kann sich recht schnell eine gesundheitsgefährdende Zufuhr summieren. Sulfat kann bei kleinen Kindern zu Durchfall führen, durch Kalzium und Magnesium wird die Wirkung von Sulfat noch verstärkt.

Langfristig kann der einseitige und häufige Verzehr von Lebensmitteln und Getränken, die größere Mengen an Sulfat enthalten oder mit Schwefeldioxid behandelt wurden, zu einer Verschiebung im Mengenverhältnis der Spurenelemente im Körper führen.

In dieser Hinsicht ist Tempeh besser, der durch natürliche Fermentation mit Hilfe eines speziellen Pilzes entsteht. Soja-Tempeh enthält noch weniger Stachyose als Tofu, dafür steigt während der Fermentation der Histamingehalt etwas an. Eine vergleichbare Reaktion findet bei der Herstellung von Blauschimmelkäse statt. Menschen mit Neigung zu Migräne oder allergischen Reaktionen müssen die Verträglichkeit daher vorsichtig ausprobieren.

Inzwischen ist in Bio-Läden und Reformhäusern auch Lupinentempeh erhältlich, der meist kürzere Transportwege hinter sich hat. Beide Tempeh-Sorten sind kerniger und fester als Tofu, was so manchen Fleischliebhaber durchaus darin überzeugen kann, auf diese Weise auf etwas »Festes« zu beißen.

Wenn es zum Feierabend einmal schnell gehen soll, sind die fertig vergepackten fleischähnlichen Streifen namens »Soja wie Döner« durchaus empfehlenswert und schnell in der Pfanne aufgewärmt. Dazu ein Knoblauch-Dressing und Salat – davon werden alle satt. Durch die intensive Verarbeitung enthalten diese Produkte jedoch weniger der nützlichen, dem Östrogen ähnlichen Isoflavone.

Kurz vor dem Fest werden auch größere vegane Bratenstücke in Bio-Läden angeboten. Diese werden meist aus Saitan hergestellt, ein traditionelles japanisches Lebensmittel, das an sich nur aus dem Weizeneiweiß Gluten besteht. Die Weizenstärke wurde bei diesem Produkt fast vollständig ausgewaschen. Von Fleischersatz aus Weizengluten ist Menschen mit Autoimmunerkrankungen, Hautproblemen wie Akne und Kindern mit Autismus strikt abzuraten, er kann bestehende Beschwerden verschlimmern.

Mit etwas mehr Zeitaufwand lassen sich unverarbeitete Hülsenfrüchte verzehrfertig garen. Getrocknete Erbsen und Bohnen brauchen nach dem Einweichen über Nacht in kaltem Wasser nur noch die Hälfte der sonst erforderlichen Kochzeit. Die meisten Linsensorten brauchen nicht eingeweicht werden und sind leicht verdaulich.

Wenn in Deutschland der Fleisch- und Wurstkonsum auf ein Viertel abgesenkt würde, könnte theoretisch mehr Getreide im globalen Süden ankommen. Ganz gewiss können durch geringeren Fleischverzehr aber Beschwerden durch Rheuma, Arthrose, Gicht oder die Neigung zur Wucherung von Polypen oder Myomen in der Gebärmutterschleimhaut verringert werden. Vegane Speisen auszuprobieren, ist dazu der erste Schritt.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1168540.weltbevoelkerung-herzlich-willkommen-erdenbuerger.html?sstr=weltbevölkerung
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1168360.veganismus-pflanzliche-ernaehrung-ist-mehr-als-verzicht-auf-tierprodukte.html?sstr=vegan