nd-aktuell.de / 03.01.2023 / Sport / Seite 1

Willkommen im Abstiegskampf

Den Eisbären Berlin gelingt auch gegen München kein Befreiungsschlag

Jürgen Holz
Die Berliner Eisbären (blau) wurden auch von den Münchner Spitzenreitern ein ums andere Mal in die Knie gezwungen.
Die Berliner Eisbären (blau) wurden auch von den Münchner Spitzenreitern ein ums andere Mal in die Knie gezwungen.

Die »Sehnsucht nach dem vierten Meistertitel«, von der Erfolgstrainer Don Jackson wiederholt spricht, scheint für seine Münchner Eishockeyprofis in dieser Saison endlich in Erfüllung zu gehen. Für Jackson, der einst mit den Eisbären Berlin[1] fünf Titel und mit München danach drei weitere Meisterschaften gewonnen hat, wäre die neunte Trophäe in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL)[2] ein einmaliger Triumph. Am Montagabend hatte der souveräne Spitzenreiter an diesem 38. Spieltag zwar mehr Mühe als erwartet, doch mit seinem 28. Saisonsieg und 82 Punkten liegen sie weiterhin mit 15 Punkten klar vor den ärgsten Verfolgern aus Ingolstadt und Mannheim. Dennoch reagiert Jackson gewohnt zurückhaltend, wenn sein Team als »haushoher Titelfavorit« bezeichnet wird. »Abwarten«, sagt er, »wir müssen weiter aufpassen.«

Das dürfte das passende Stichwort auch für die Eisbären sein, die die größte Krise in ihrer Vereinsgeschichte durchmachen und »aufpassen« müssen, nicht auch noch den Klassenerhalt aus der Hand zu geben. Als Tabellen-13. liegen sie nach der 2:3-Niederlage gegen München nun unmittelbar vor der Abstiegszone. Denn nach Lage der Dinge gibt es am Ende dieser Saison aus dem Feld der 15 DEL-Klubs zwei Absteiger[3], um wieder auf die reguläre Quote von 14 Teams zu kommen. Ausgerechnet das 71. Duell gegen den EHC aus Bayern hatte der »Mutmacher« für die arg schwächelnden Berliner sein sollen, die sich nach drei Auswärtsniederlagen in Folge nach einem Sieg sehnten. Statt Mut herrschte danach aber doch wieder nur Tristesse.

Berlins Cheftrainer Serge Aubin[4] stärkte verständlicherweise seinem Team den Rücken: »Ich habe zuletzt viel positive Energie in der Mannschaft gesehen. Jetzt geht es darum, das Potenzial zu maximieren und Punkte zu holen.« Im ungleichen Duell mit dem Tabellenführer hatte sich dieser Wunsch ziemlich schnell erledigt. Bereits nach 42 Sekunden lagen die Eisbären durch ein Tor des völlig ungedeckten Ex-Berliners Austin Ortega mit 0:1 zurück. Keine zehn Minuten später hieß es 0:2; und als die Gäste schließlich kurz nach Anpfiff des zweiten Drittels ihren Vorsprung auf 3:0 erhöhten, schien die nächste Niederlage bereits besiegelt zu sein.

Aubin zeigte sich später sichtlich verärgert: »Wir haben die erste Hälfte des Spiels verschlafen. Die Jungs waren nicht anwesend, sie waren wie erstarrt und haben überhaupt nicht gespielt.« Dass sich sein Team danach im zweiten Drittel steigerte und dank eines Doppelpacks des überragenden Giovanni Fiore wieder ins Spiel fand, konnte den Trainer auch nicht vollauf wieder besänftigen. »30 Minuten reichen nicht, um ein Spiel zu gewinnen. Ich hatte in der Anfangsphase eine routinierte Angriffsreihe und zwei erfahrene Verteidiger auf dem Eis. Wir wollten einen guten Start hinlegen, doch damit sind wir gescheitert.« Ein wenig ratlos wirkte er bei seiner Antwort auf die Frage, wie man den eklatanten Schwächen in Defensive wie Offensive beizukommen gedenke: »Wir trainieren ganz hart daran, und im Training sieht es auch gut aus, aber Training und Wettkampf sind zwei verschiedene Paar Schuhe.«

Mit der 24. Niederlage bei nur zwölf Siegen sowie nur einem Punkt aus den letzten vier Partien ist die Lage für die Eisbären nach wie vor prekär, zumal die Augsburger Panther als Tabellenvorletzte mit ihrem 7:6-Auswärtssieg in Wolfsburg den Rückstand auf die vor ihnen liegenden Berliner auf sechs Punkte verkürzen konnten – bei zwei Spielen weniger! Abstiegskampf pur heißt es also für den Meister[5] in den noch ausstehenden 20 Spielen. Dabei geht es mindestens noch einmal gegen alle 14 DEL-Teams; gegen Köln, den nächsten Gegner am Mittwoch zu Hause, sowie gegen Aufsteiger Frankfurt[6], Wolfsburg und Schwenningen noch zweimal. Und auf den direkten Konkurrenten im Abstiegskampf Augsburg trifft man sogar noch dreimal. Diesen drei Begegnungen am 13. Januar und 5. Februar zu Hause sowie am vorletzten Spieltag (3. März auswärts) kommt eine Schlüsselrolle im Abstiegskampf zu.

Unter allen Gegnern gibt es zur Stunde nur drei Klubs, gegen die Berlin mit 2:1-Siegen im Vorteil ist: Düsseldorf, Bietigheim und Bremerhaven. Das verdeutlicht, wie schwer es für die Eisbären wird, mit eigenen Siegen dem drohenden Abstieg zu entgehen. Neben einer Leistungssteigerung und ohne Schützenhilfe wird das Abstiegsgespenst nicht zu verjagen sein. Giovanni Fiore, der zweifache Torschütze gegen München, brachte die Lage auf den Punkt: »Es ist ein Mannschaftssport. Letztlich müssen wir als Team zusammenhalten und Punkte mitnehmen. Gegen den nächsten Gegner Köln müssen wir von Beginn an so spielen, wie wir heute gegen München aufgehört haben.«

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1169578.deutsche-eishockey-liga-die-dynastie-der-hoerdlers-in-berlin.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1163368.eisbaeren-berlin-im-del-finale-willkommen-zur-finalhatz.html
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1162871.eishockey-playoffstart-del-fans-kehren-zum-perfekten-zeitpunkt-zurueck.html
  4. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1168682.eisbaeren-berlin-die-krise-des-rekordmeisters.html
  5. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1163521.eishockey-meister-eisbaeren-berlin-gegen-alle-widerstaende.html
  6. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1166883.deutsche-eishockey-liga-die-loewen-frankfurt-kommen-um-zu-bleiben.html