• Kultur
  • Science-Fiction und Lützerath

Aufstand gegen das Imperium

Über den Zusammenhang von Science-Fiction, politischen Kämpfen und Lützerath

  • Florian Schmid
  • Lesedauer: 2 Min.
Der Film »Das Imperium schlägt zurück« (1980) wurde in den kalifornischen Redwood-Wäldern gedreht, als Kulisse für den Waldplaneten Endor.
Der Film »Das Imperium schlägt zurück« (1980) wurde in den kalifornischen Redwood-Wäldern gedreht, als Kulisse für den Waldplaneten Endor.

Als sich am Wochenende Klimaaktivist*innen in Lützerath bis zum Rand der Abraumhalde in Bewegung setzten, das gigantische Baggerrad so zum Stillstand zwangen und sich bald darauf Polizeibeamte mit Helm und Schild vor den Abgrund und die riesige Maschine stellten, sah das aus wie eine Szene aus einem »Star Wars«-Film. »Das Imperium schlägt zurück«, twitterte jemand ironisch.

In der neuen »Star Wars«-Serie »Andor«, die davon erzählt, wie der titelgebende Cassian Andor zum revolutionären Subjekt wird, zeigt eine Rückblende seine Kindheit auf einem Planeten, der durch imperialen Bergbau ökologisch komplett zerstört wird. Der brutale Raubbau sieht auf beängstigende Weise aus wie die Kohleabraumhalde in Nordrhein-Westfalen, die ihr gefräßiges Maul gerade Richtung Lützerath aufreißt. Ist es Zufall, dass die popkulturelle Fiktion den kapitalistischen Zerstörungen und den politischen Kämpfen ähnelt?

So etwas gab es schon einmal. Der eingangs zitierte Film »Das Imperium schlägt zurück« (1980) wurde in den kalifornischen Redwood-Wäldern gedreht, als Kulisse für den Waldplaneten Endor. Wenige Jahre später kämpften dort zahlreiche Aktivist*innen gegen die ressourcenvernichtende Zerstörung der Natur, unter anderem die damals 17-jährige Julia Butterfly Hill, die für 738 Tage einen Redwood-Baum besetzte und seine Fällung durch die Pacific Lumber Company verhinderte.

Bei den Auseinandersetzungen kam ein Aktivist ums Leben, zahlreiche wurden verletzt. Laut David Graeber, der in seinem Buch »Direkte Aktion« (2013) aus dem bewegungspolitischen Nähkästchen plaudert, waren es vor allem die massiven Repressions- und Gewalterfahrungen jener Aktivist*innen, die kurze Zeit später zu den legendären Riots 1999 in Seattle führten. Die Redwood-Bäume und die Kämpfe in der und für die Natur, so scheint es, setzen sowohl in der Fiktion als auch in der Realität beachtliche herrschaftskritische Ressourcen frei.

Für Lützerath bleibt zu hoffen, dass die Menschen dort möglichst wenige Repressions- und Gewalterfahrungen machen müssen. Aber dass sich vor den wie aus einem Science-Fiction-Film wirkenden Riesenbaggern mitsamt den Cops, die an die imperialen, mit Schildern und Knüppeln bewaffneten Soldaten aus der Serie »Andor« erinnern, gerade eine ganze Protestgeneration für noch kommende Kämpfe bereit macht, ist offensichtlich. Der Aufstand gegen das Imperium geht in die nächste Runde.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal