• Berlin
  • Rassistischer Übergriff AfD-Politiker

Rassisten, die bellen und beißen

Ein AfD-Politiker steht wegen Körperverletzung und Beleidigung vor Gericht

Seit Mittwoch steht der ehemalige AfD-Politiker Kai Borrmann wegen Beleidigung und Körperverletzung vor Gericht. Borrmann, aktuell Mitglied der Bezirksverordnetenversammlung Mitte, soll am 15. August 2021 zwei Frauen in einem Café in Mitte rassistisch beleidigt haben. Als eine der Frauen sich verbal verteidigte, soll Borrmann sie ins Gesicht geschlagen, in den Schwitzkasten genommen und sie im Zuge der körperlichen Auseinandersetzung in den Arm gebissen haben.

Die Frau, die sich wehrte, heißt Steph Karl. Sie ist in der Deutschrap-Szene als Musikjournalistin und Moderatorin bekannt. Am Mittwoch sagt die 30-Jährige als Betroffene und Nebenklägerin gegen Borrmann aus. Unter Tränen berichtet Karl von dem traumatischen Angriff.

Muckefuck: morgens, ungefiltert, links
nd.Muckefuck ist unser Newsletter für Berlin am Morgen. Wir gehen wach durch die Stadt, sind vor Ort bei Entscheidungen zu Stadtpolitik - aber immer auch bei den Menschen, die diese betreffen. Muckefuck ist eine Kaffeelänge Berlin - ungefiltert und links. Jetzt anmelden und immer wissen, worum gestritten werden muss.

Bereits am Sonntag wandte sich Karl mit einem Instagram-Video an die Öffentlichkeit. Darin erzählt sie von dem Sommernachmittag in einem Café in Mitte. Borrmann habe sie und ihre beste Freundin, ebenfalls Person of Color (PoC), vom Nachbartisch aus angesprochen. »Irgendwann hat er angefangen, uns rassistisch anzugehen und uns das N-Wort genannt. Er hat das N-Wort auch gegendert, das fand er besonders witzig«, erzählt Karl. Das »N-Wort« steht für eine rassistische Beleidigung, die nicht reproduziert werden soll.

Als Borrmann einfach nicht aufhörte, hätten die beiden Frauen das Café verlassen. »Wir haben schnell bezahlt und sind los, wir wollten einfach weg von ihm.« Der AfD-Politiker soll Karl und ihre Freundin daraufhin verfolgt und ihnen das N-Wort hinterhergerufen haben. »Ich war in den Armen meiner besten Freundin und habe vor Wut geweint, weil ich nicht glauben konnte, dass uns das passiert«, so Karl. Besonders der Gedanke, sich in Mitte nicht mehr sicher fühlen zu können, bewegt Karl sichtlich: »Ich habe mich dort immer wohlgefühlt, aber rassistische und gewaltbereite Menschen sind überall

Dann reichte es ihr. »Ich habe ihm gesagt: Ich bin kein N-Wort, ich bin ein fucking Mensch.« Borrmann habe sie daraufhin ins Gesicht geschlagen und bei der anschließenden Auseinandersetzung gebissen. Nachdem die beiden von Passant*innen getrennt worden seien und die Polizei eingetroffen sei, habe sich der AfD-Politiker als Opfer der beiden Frauen dargestellt. Doch die Anzeige, die er gegen Karl und ihre Freundin stellt, lässt die Staatsanwaltschaft fallen. Stattdessen klagt sie ihn im November 2021 an.

Zum Prozessauftakt setzt Borrmann auf dieselbe Strategie und behauptet, er sei ebenfalls angegriffen und verletzt worden. Zwar gibt Borrmann zu, das N-Wort benutzt zu haben. Er habe aber lediglich eine Diskussion über den Begriff in Gang setzen wollen, erklärt er. Später sei die Auseinandersetzung eskaliert und er habe sich mit dem Biss gewehrt. Zu dem Konflikt sei es gekommen, weil ihn die beiden Frauen mit einer lauten Unterhaltung gestört hätten. Er habe sich kaum noch mit seiner Freundin unterhalten können.

Der Prozess soll am 6. Februar fortgesetzt werden. Das Gericht will zehn Zeugen laden, um die Vorwürfe zu klären – darunter Borrmanns Freundin. Bei ihr handelt es sich laut einem »Tagesspiegel«-Reporter um Cornelia Koppetsch. Die Soziologin lehrt an der Technischen Universität Darmstadt und forscht unter anderem zum Aufstieg neuer rechter Parteien.

Borrmann selbst saß bis November 2022 für die AfD in der Bezirksverordnetenversammlung Mitte. Die Website der Fraktion Mitte führt ihn weiterhin als Bezirksverordneten, ebenso die Homepage der BVV-Mitte. Der »Berliner Morgenpost« gegenüber bestätigte Borrmann allerdings seinen Austritt aus der BVV-Fraktion aufgrund »interner Konflikte«. mit dpa

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal