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Wer braucht schon Nahverkehr?

Haltet das bestehende Netz instand, fordert Yannic Walther

  • Yannic Walther
  • Lesedauer: 2 Min.
Noch mindestens bis Ende August müssen Fahrgäste auf den Normalbetrieb bei der U2 warten.
Noch mindestens bis Ende August müssen Fahrgäste auf den Normalbetrieb bei der U2 warten.

Covivio gehe nach »jetziger Einschätzung« davon aus, dass erst Ende der Sommerferien die U2 wieder durchgängig fahren könne. Den Satz muss man erst einmal sacken lassen. Mindestens bis Ende August, wahrscheinlich noch viel länger: Berlin kann froh sein, wenn der eingleisige Pendelverkehr nach Pankow am Ende »nur« bis Oktober anhält. Ein ganzes Jahr – aber ist ja nur der Nahverkehr, sowieso ein überholtes Konzept.

Die U2 ist damit schon jetzt ein (nur im 15-Minuten-Takt) fahrendes Denkmal für zerstörerische Investoreninteressen. Dabei ist es nicht das erste Mal, dass die Verkehrsadern der Stadt angestochen werden, weil im wahrsten Sinne des Wortes irgendein Mist gebaut werden soll. Es muss aber das letzte Mal sein. Die Ampel für alle Hochhausprojekte börsennotierter Raubritter gehört auf Rot gestellt, und auch Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) sollte die U2 zur Priorität machen. Die Berliner haben ein Recht darauf, dass mit offenen Karten gespielt wird: Warum erfolgte das Krisengespräch mit Covivio erst jetzt? Was wurde verschlafen? Warum dauerte es noch Wochen nach den ersten Anzeichen im U-Bahn-Tunnel, bis eingelenkt wurde?

Die Sanierung des bestehenden Nahverkehrsnetzes ist auch ohne einstürzende Neubauten eine Mammutaufgabe. Doch davon ist selten die Rede, weil sich mit der Instandhaltung des Zustands nun mal weniger Wähler gewinnen lassen als mit hochtrabenden Zukunftsvisionen. Verkehrspolitik ist mittlerweile zum PR-Gag mutiert. Die einen verwenden trotzig ihre Zeit und Energie auf eine »Flaniermeile«, die keine ist. Und auf der anderen Seite träumen Politiker von einer milliardenschweren U-Bahn-Verlängerung. Am liebsten gleich bis zum Mittelmeer! Es ist, wie Photovoltaik auf das Dach eines Hauses zu packen, dessen Keller unter Wasser steht.

Doch genau das ist das einzig Gute an der U2-Havarie: Mittlerweile kapieren immer mehr Berliner, dass ein funktionierendes Netz wichtiger ist als die Luftschlösser von Wahlkämpfern.

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