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Kampfjets im Anflug

Westliche Staaten diskutieren über weitere Lieferung an Kiew

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.

Rote Linien, die bei Kanzler Olaf Scholz in Bezug auf Waffenlieferungen an die Ukraine gezogen werden, sind offenbar dafür da, um nach einiger Zeit übertreten zu werden. Nach langem Zögern hat der SPD-Politiker kürzlich der Lieferung von Kampfpanzern des Typs »Leopard 2« zugestimmt. Für solche Entscheidungen tritt der Bundessicherheitsrat in einer geheimen Sitzung zusammen. In dem Gremium sitzen die wichtigsten Minister. Der Kanzler ist Vorsitzender.

Bald könnte der Rat erneut tagen. Denn es ist eine Debatte entbrannt, ob die Ukraine auch deutsche Kampfflugzeuge bekommen sollte. Die Regierung in Kiew hatte vorgeschlagen, dass sie deutsche Tornados nach deren Ausmusterung erhält. 100 Flugzeuge dieser Art sind im Bestand der Bundeswehr. Die Jagdbomber sollen durch moderne F-35 Kampfjets aus US-Produktion ersetzt werden.

Scholz hatte diese Woche im Bundestag lediglich gesagt, dass es zurzeit bei der Unterstützung für die Ukraine nicht um Kampfflugzeuge gehe. Allerdings könnte der Kanzler zu weiteren Schritten bereit sein, wenn seine Verbündeten es sind. Das war bisher seine Maxime. Die USA dürften sich bald bewegen. Das deutete der stellvertretende Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jon Finer, an. Er sagte dem US-Fernsehsender MSNBC auf die Frage, ob die USA die Lieferung von Kampfjets in Erwägung ziehen, man habe kein bestimmtes Waffensystem ausgeschlossen. Die Unterstützung werde danach ausgerichtet, was die Ukraine brauche.

Auch die Franzosen prüfen einen solchen Schritt. »Wir müssen Anfragen von Fall zu Fall untersuchen und alle Türen offen lassen«, sagte der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses der französischen Nationalversammlung, Thomas Gassilloud, nach Gesprächen mit seinem britischen Kollegen Tobias Ellwood und Verteidigungsminister Ben Wallace am Donnerstag in London.

Für die Militärunterstützung der Ukraine wird es praktisch keine Beschränkung geben, seit die Bundesregierung im Dezember vergangenen Jahres verkündet hat, dass die Ukraine wegen der ständigen Angriffe durch die russische Armee nicht verpflichtet sei, »die Verteidigungsanstrengungen auf das eigene Staatsgebiet zu beschränken«. Das bedeutet, dass zu Verteidigungszwecken, die sehr weit gefasst werden können, auch das russische Staatsgebiet angegriffen werden kann. Im Dezember hatte Moskau mehrere Explosionen nach Angriffen von Drohnen auf Flughäfen der Armee im eigenen Land gemeldet und die Ukraine dafür verantwortlich gemacht.

Die Ukraine fordert darüber hinaus Munition aus dem Westen, mit der sie auch Ziele in Russland erreichen kann. In vielen europäischen Staaten gibt es die Sorge, dass Moskau in diesem Fall nicht nur in der Ukraine, sondern auch in angrenzenden Staaten Vergeltungsschläge ausüben könnte. Die Lieferung von Kampfjets ist ebenfalls heikel, weil diese nur eingesetzt werden könnten, wenn die russische Luftverteidigung ausgeschaltet wird.

Scholz redet offensichtlich seit Monaten nicht offen über mögliche Waffenlieferungen, weil er hierzu keine unangenehmen Fragen beantworten will. Außerdem beharrt er auf dem Standpunkt, dass Deutschland keine Kriegspartei sei. Dabei ignoriert er ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags, das nahelegt, dass eine Ausbildung ukrainischer Soldaten an deutschen Waffen völkerrechtlich eine Kriegsbeteiligung darstellt. Ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums bestätigte am Freitag, »dass ukrainische Soldaten in Deutschland zur Ausbildung am Schützenpanzer Marder eingetroffen sind«. Die Ausbildung am Kampfpanzer »Leopard« soll Anfang Februar in Deutschland beginnen.

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