nd-aktuell.de / 22.03.2023 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 1

Mehr Lohn für Bierbrauer in Nordrhein-Westfalen

104 Streikstunden führen zum Erfolg – NGG zufrieden mit Tarifabschluss

David Bieber
Anlage auf der internationale Branchenmesse auf der Fiera Rimini (Symbolbild).
Anlage auf der internationale Branchenmesse auf der Fiera Rimini (Symbolbild).

Schwierige Tarifverhandlungen zwischen Brauereien und Brauern sowie anderen in Brauereien Beschäftigte sind in Nordrhein-Westfalen zu einem Teilabschluss gekommen. Für das rheinisch-westfälische Tarifgebiet liegt nun ein Abschluss vor. Dies bestätigte Isabell Mura, stellvertretende Landesbezirksvorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), auf nd-Anfrage am Freitag. »Dieser besagt für eine Laufzeit von 27 Monaten bis März 2025 430 Euro tabellenwirksam mehr Lohn.« Zudem kämen zusätzlich 3000 Euro Inflationsprämie. Beides werde allerdings gestückelt gezahlt. »Die tabellenwirksame Erhöhung erfolgt in drei Schritten. Ab dem 1. April 2023 gibt es monatlich 180 Euro, ab dem 1. Februar 2024 dann nochmals 150 Euro und ab dem 1. Dezember 2024 erneut 100 Euro mehr Lohn.« Davon profitierten bis zu 2000 Beschäftigte. Im zweiten Tarifgebiet, das der sieger- und sauerländischen Brauereien, werde noch »verhandelt«. Es ist aber aus der Vergangenheit davon auszugehen, dass es ein ähnliches beziehungsweise gleiches Ergebnis geben wird, vernimmt man aus Gewerkschaftskreisen. »Es waren anstrengende Verhandlungen, die sogar kurz vor dem Scheitern standen. Wir haben aber die Kurve bekommen. Mit dem Abschluss sind wir zufrieden«, sagte Mura weiter. Nur mit der Laufzeit sei man nicht ganz glücklich.

Die Arbeitnehmerseite, von NGG vertreten, forderte 430 Euro mehr Lohn pro Monat. 150 Euro sollten es für Auszubildende sein. Die Forderung beziehe sich auf alle Beschäftigten in NRW-Brauereien. Der aktuelle Tarifvertrag sieht einen monatlichen Bruttolohn von 3795,50 Euro vor.

Auf Arbeitgeberseite saßen mit Michael Hollmann, Geschäftsführer der Bolten-Brauerei mit Sitz in Korschenbroich, sowie Heinz Linden, Geschäftsführer des Brauereiverbandes NRW, zwei erfahrene wie knallharte Verhandler. Sie boten den Beschäftigten 150 Euro pro Monat rückwirkend zum 1. Januar 2023 mehr an. Zudem solle es dann nochmals die gleiche Summe ab Januar 2024 geben.

Damit wollte sich weder die NGG noch die Beschäftigten der betreffenden wie auch der sieger- und sauerländischen Brauereien abspeisen lassen. Es gehe um »Wertschätzung für Leistung« und gestiegene Lebenshaltungskosten. Es brauche einen Inflationsausgleich. Das derzeitige Arbeitgeberangebot sei »reichlich mager angesichts einer NRW-weiten Inflationsrate von 8,5 Prozent im Februar«, argumentierte Karim Peters, Geschäftsführer der NGG Nordrhein, unter anderem zuständig für die König Pilsener-Brauerei in Duisburg, noch vor den Verhandlungen am Donnerstag gegenüber »nd«. Es sei der Versuch der Arbeitgeber, die Brauerei-Beschäftigten »an der kurzen Lohn-Leine zu führen«.

Bereits mehrfach kam es zum Arbeitsausstand bei den großen Brauereien in NRW in den vergangenen Wochen. Nach Angaben der NGG gab es 104 Streikstunden. Im Duisburger Stadtteil Beeck, wo König Pilsener gebraut wird, waren bis zuletzt laut dem Betriebsratsvorsitzenden der König-Brauerei, Rudolf Sickau, »die Fronten verhärtet«. Am Freitagmorgen nach langen, mühsamen Verhandlungen sagte er im Gespräch mit »nd«: »Der Abschluss ist für uns akzeptabel. Wir haben das Beste für uns herausgeholt. Natürlich sehen wir auch die angespannte Situation der Arbeitgeberseite, aber ähnliche Kostenexplosionen haben auch die Arbeitnehmerseite. Unsere Streiks waren effektiv.«

Der Deutsche Brauer-Bund (DBB) hatte mit seinen Landesverbänden in einem offenen Appell der Brauwirtschaft, der mit dem Untertitel »Es ist 5 vor 12!« betitelt war, auf die Herausforderungen, denen sich die Brauereien ausgeliefert sehen, aufmerksam gemacht. Dort heißt es: »In weiten Teilen der mittelständisch geprägten deutschen Brauwirtschaft macht sich Existenzangst breit. Hunderte Betriebe, viele tausend Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel. Sie drohen Opfer einer völlig verfehlten Energiepolitik inmitten der schwersten Krise der bundesdeutschen Wirtschaft seit dem Krieg zu werden.«

Aber nicht nur die Brauereien, auch die Beschäftigten haben unter der hohen Inflation im Zuge der Energiekrise zu leiden, sagte Ina Korte-Grimberg von der Gewerkschaft NGG am Donnerstag. Daher sei eine »Lohnerhöhung auch in Krisenzeiten absolut vertretbar«.