nd-aktuell.de / 30.03.2023 / Ratgeber / Seite 1

Diskriminierung: Stolperfalle Stellenausschreibung

Wer neue Kollegen sucht sollte Diskriminierung bei Anzeigen vermeiden

Paul-Benjmin Gashon
Stellenausschreibungen haben viele Tücken.
Stellenausschreibungen haben viele Tücken.

Was genau eine Stellenausschreibung beinhalten muss, ist nicht verbindlich festgelegt. Unabhängig von den üblichen Inhalten wie der Berufsbezeichnung, den Anforderungen, den gewünschten Kompetenzen und den anfallenden Tätigkeiten müssen sie allerdings dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz[1] (AGG) gerecht werden. Sonst drohen Strafen und Entschädigungszahlungen. Mit leicht zu folgenden Schritten lassen sich Stellenausschreibungen jedoch rechtssicher formulieren.

Es gibt Stellenausschreibungen, die spezifisch nach einem bestimmten Geschlecht suchen, obwohl Personen mit anderem Geschlecht (beispielsweise männlich, weiblich, zwischengeschlechtlich, zweigeschlechtlich oder divers) die gleiche Position ebenfalls ausfüllen können. Hierbei handelt es sich um eine klassische Form der Diskriminierung[2], die laut AGG verboten ist. Unternehmen dürfen Bewerber nicht aufgrund von Geschlecht, Rasse, Alter, Sexualität, Religion, Ideologie oder einer Behinderung ausschließen. Dementsprechend gilt es Elemente wie Berufstitel, Anforderungsprofile und gewünschte Kompetenzen neutral zu formulieren. Dazu gehört, inklusive Berufsbezeichnungen zu nutzen und die Angabe von Kriterien zu vermeiden, die Personengruppen pauschal und explizit aussortieren.

Auch implizite Diskriminierungen sollten vermieden werden. Wenn Unternehmen »Deutsch als Muttersprache« fordern oder »Berufsanfänger« suchen, sortieren sie indirekt Menschen aufgrund ihrer ethnischen Herkunft oder ihres Alters aus. Letzteres gilt auch für die Festlegung von Jahreszahlen in jeglicher Form. Phrasen wie »Suchen Bewerber mit ein bis fünf Jahren Arbeitserfahrung« sind also nicht zulässig. Arbeitsgerichte sehen selbst gut gemeinte Anmerkungen außerhalb des Anforderungsprofils wie »Wir bieten ein junges, dynamisches Team« als diskriminierend. Unternehmen müssen dementsprechend genau darauf achten, dass sie durch ihre Formulierungen keine Personengruppe ausschließen.

In besonderen Fällen lässt das AGG auch Ausnahmen zu, so zum Beispiel, wenn eine geforderte Eigenschaft eine wesentliche und wichtige berufliche Voraussetzung für den Job darstellt. Wichtig ist hierbei eine nachvollziehbare Begründung, aus der logisch hervorgeht, warum eine Personengruppe nicht für eine Stelle infrage kommt. Ein Beispiel: Sucht ein Modeunternehmen ein Model für Herrenkleidung, dürfen sie explizit nach einem Mann suchen. Jedoch sind die Richtlinien sehr streng, sodass Unternehmen die Begründung entsprechend eindeutig und logisch nachvollziehbar formulieren müssen.

Es gehört zur Besetzung vakanter Stellen einfach dazu, dass nur eine einzige Person den Job bekommen kann. Absagen sind somit ein fester Bestandteil aller Auswahlprozesse. Auch für negative Rückmeldungen gilt das AGG, sodass hier der gleiche Duktus wie in der Stellenausschreibung Anwendung finden muss. Im Idealfall erfolgt eine Antwort so neutral wie möglich, mit klarer und unmissverständlicher Formulierung. Verantwortliche sollten auf die gesuchten Kompetenzen verweisen und die spezifisch gefassten fachlichen Anforderungen als Gründe nutzen. 

Der Autor Paul-Benjamin Gashon ist Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Ginnercooke (https://gunnercooke.de) mit mehreren Standorten in Deutschland.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1169967.gleichbehandlung-ungewisses-selbstbestimmungsrecht.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1172019.gesundheitswesen-diagnose-rassismus.html