nd-aktuell.de / 12.04.2023 / Kommentare / Seite 1

Geflüchtete in Not: Jetzt liegt der Ball in Brüssel

Matthias Monroy über die Not von Geflüchteten in Italien

Matthias Monroy
Allein die Rettungsorganisation Sea-Watch hat über das Osterwochenende 19 Boote im Mittelmeer festgestellt.
Allein die Rettungsorganisation Sea-Watch hat über das Osterwochenende 19 Boote im Mittelmeer festgestellt.

Wegen der drastischen Zunahme von Ankünften Geflüchteter hat die italienische Regierung wie bei der Corona-Pandemie einen landesweiten Notstand – keinen Ausnahmezustand, wie einige Medien fälschlicherweise berichten – in Kraft gesetzt. Die Entscheidung ist richtig, sofern auf Grundlage des Dekrets finanzielle Mittel ohne Verzug bereitgestellt und Unterkünfte für die Menschen in Not errichtet werden sollen.

Italien trägt – ebenso wie Griechenland – mit Abstand die schwersten Folgen der Brüsseler Abschottungspolitik und der daraus entstehenden irregulären Migration: Weil außerhalb der EU keine Asylanträge gestellt werden können, bleibt Geflüchteten oft nur der Seeweg für den undokumentierten Übertritt einer »blauen Grenze«. Auf der zentralen Mittelmeerroute ist die Überfahrt nach Italien der kürzeste Weg, deshalb ist das Land überproportional von Migration betroffen. Hinzu kommt, dass Behörden in Malta eine Rettung von Booten in Seenot sehr oft verweigern und diese in italienisches Verantwortungsgebiet weiterfahren lassen.

Nun liegt der Ball im Feld der EU – allerdings nicht zur »Begrenzung« von Migration, wie es Italien fordert. Nach dem Dublin-System ist der Ankunftsstaat auch für die Unterbringung der Menschen und die Bearbeitung ihres Asylgesuchs zuständig. Auf diese unfaire Verteilung haben wechselnde Regierungen in Rom immer wieder aufmerksam gemacht und die EU zum solidarischen Handeln aufgefordert. Auch wenn der Ruf nach einem »verantwortungsvollen Eingreifen der Europäischen Union« jetzt von einem rechten Minister für Katastrophenschutz kommt, ist er im Kern richtig. Denn die Zunahme von Flucht und Migration betrifft alle Mitgliedstaaten und muss deshalb von der Gemeinschaft gehandhabt werden.