nd-aktuell.de / 20.06.2023 / Politik / Seite 1

Neuer Bürgermeister von Barcelona: Sauberkeit und Sicherheit

Sozialdemokrat Jaume Collboni ist neuer Bürgermeister von Barcelona

Ralf Streck, San Sebastián

Der Start von Jaume Collboni als neuer Bürgermeister seiner Heimatstadt Barcelona war unglücklich. Dass der spanische Sozialdemokrat beim Einzug in seinen Amtssitz am Platz, der seinen Vornamen trägt, zu spät kam, ist das geringste Problem. Der 53-jährige Anwalt brüstet sich mit der »Ehre, der erste schwule Bürgermeister« der katalanischen Metropole[1] zu sein. Er will nun die Fahne der LGBTIQ+ hochhalten. Der Fehler ist, dass er, um gegen den Wahlsieger Xavier Trias überraschend Bürgermeister zu werden, die Stimmen der rechten Volkspartei (PP) brauchte. Die im Nationalkatholizismus verankerte PP steht nicht für die Verteidigung der Rechte von Lesben, Schwulen, Transsexuellen, Bisexuellen und Transgender – ganz im Gegenteil. In vielen Regionen und 140 Städten regiert die PP sogar mit der offen den LGTBIQ+ feindlich gesinnten Rechtsabspaltung Vox[2].

Collbonis sozialdemokratische PSC kommt auf gerade mal zehn der 41 Sitze, er will mit einer Minderheitsregierung die Stadt regieren. Denn die Fortführung einer Koalition mit der links-grünen Formation »En Comú« der bisherigen Bürgermeisterin Ada Colau[3], die neun Sitze hat, wurde von der PP verhindert. Die PP setzte für ihre Unterstützung Collbonis durch, dass »En Comú« nicht Teil einer »fortschrittlichen Koalition« wird. Colaus Mannschaft bleibt auf gut bezahlten Verwaltungsposten. Das wiederum war der Preis für die Colau-Unterstützung für Collboni, der 2019 bis 2023 Vize-Bürgermeister unter ihr war.

Ein Teil von Collbonis Familie stammt wie so oft in Katalonien aus Andalusien und war auf der Suche nach besseren Lebensperspektiven. Aufgewachsen ist Collboni entsprechend mit Spanisch und Katalanisch. Er wolle sich als erstes um die »Ordnung des öffentlichen Raums: Sauberkeit, Sicherheit und Instandhaltung« kümmern. Dafür soll es auch ein Anti-Hausbesetzer-Büro geben. Klingt nicht progressiv.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1173386.unabhaengigkeitsbewegung-katalonien-politisch-geteilt-kulturell-vereint.html?sstr=barcelona
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1173704.spanien-rechte-partei-vox-feindbild-feminismus.html?sstr=colau
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1165987.barcelona-gruene-inseln-der-stadt.html?sstr=colau