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Fusion-Festival: Mitarbeitende beklagen Arbeitsbedingungen

Mitarbeitende demonstrieren auf dem Fusion-Festival gegen ungleiche Arbeitsbedingungen

  • Felix Schlosser
  • Lesedauer: 5 Min.

Ohne Zweifel – die Fusion ist eines der ungewöhnlichsten und abenteuerlichsten Festivals, das sich in Deutschland erleben lässt. Auch wenn das Wetter während des Festivals in diesem Jahr sehr wechselhaft war, feierten und tanzten die rund 80 000 Besucher*innen zu den Klängen elektronischer Musik, lauschten Punk- und Hardcorebands, besuchten politische Workshops oder staunten über die aufwendig designten Kunst- und Lichtinstallationen.

Im Gegensatz zu anderen kommerziellen Festivals gibt es bei der Fusion keine Trennung zwischen Campingplätzen und dem Festivalgelände. Polizei ist, auch dank eines langen Kampfes, den der Veranstalter Kulturkosmos e. V. gewann, nirgends auf dem Gelände zu sehen. Trotzdem, oder vielleicht auch genau deshalb, fühlt sich die überwiegende Menge der Besucher*innen dort sicher und frei. Selten gibt es gewalttätige Auseinandersetzungen oder Unfälle. Dazu trägt auch eine extrem umfangreiche Struktur bei, die von vielen Sanitäter*innen bis hin zu der Drogenberatung Eclipse und eigenen Sicherheitskräften reicht.

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Auch infrastrukturell ist das Festival von großer Bedeutung: Nicht nur, dass der Verein Kulturkosmos Müritz, der das alte Militärflugplatzgelände im mecklenburgischen Lärz im Jahr 2003 erwarb, Jugend- und Schulprojekte in angrenzenden Gemeinden finanziell fördert und 2018 sogar einen Teil eines erworbenen Geländes an die lokale Gemeinde verschenkte, damit dort eine Kita gebaut werden kann. Auch linke Kollektive bundesweit profitieren enorm von dem Festival. Viele Menschen und Crews aus dem linken Umfeld arbeiten dort mit und generieren so dringend benötigte Einnahmen, zum Beispiel für Geflüchtetenarbeit, politische Weiterbildung oder zur Organisation progressiver sozialer Kämpfe.

In diesem Jahr kam es allerdings auch zu Protesten, die sich insbesondere auf einer Demonstration und in einem zweistündigen Streik am Samstag entluden.  »B1 für alle, sonst gibt’s Krawalle« und »Für mehr Fairness und Awareness« klang es aus dem Frontblock einer Demonstration, die sich bei strömendem Regen auf dem Festivalgelände in Bewegung gesetzt hatte. Mit weit über 1000 Teilnehmer*innen war es vermutlich die größte, die das sich selbst als »Ferienkommunismus« bezeichnende Festival jemals erlebt hat.

Zwischen Rauch und Feuerwerk wurden im Frontblock viele Flyer mit Forderungen verteilt. Polizeieinsatzkräfte waren nicht vor Ort. Die brauchte es aber auch nicht, es kam zu keinem Zwischenfall, obwohl die Demonstration den »Backstage-Campingplatz 1« enterte, der auch Teil der Kritik war. Viele der Gäst*innen schauten sich die Demonstration interessiert an, manche reihten sich ein.

Doch was genau waren die Forderungen und die Kritik der Demonstrierenden und Streikenden? Die Crews führen jeweils einzeln Verhandlungen mit dem Kulturkosmos e. V. über die Arbeitskonditionen. Diese beinhalten die Unterbringung auf einem der sechs verschiedenen Backstage-Campingplätze, die infrastrukturell unterschiedlich aufgestellt sind. In diesem Jahr schien das zu gewissen Benachteiligungen und Problemen zu führen.

Menschen, die auf einem Backstage-Campingplatz untergebracht und für die Reinigung der ökologischen Komposttoiletten zuständig waren, beklagten, dass es auf ihrem Campingplatz lediglich fünf unbeleuchtete Dixi-Toiletten und keine Duschen gegeben habe. »Die Situation der sanitären Anlagen war im wahrsten Sinne des Wortes beschissen«, sagte eine Person, die ihren Namen gegenüber »nd« nicht nennen mochte. »Für das nächste Jahr wünsche ich mir gute Duschen- und Toiletteninfrastruktur in allen Backstage-Campingplätzen gleichermaßen.«

Doch abseits der sanitären Anlagen war anscheinend nicht alles schlecht – so sei die Küche sehr gut gewesen, berichtet die Person. Aber das galt nicht für alle Küchen: So wurde von anderen Teilnehmenden geäußert, dass die Küchenausstattung teils unterschiedlich und unzureichend gewesen sei. Eine weitere Teilnehmerin der Demonstration schilderte, dass sie sich zwei Wochen lang um Bühnentechnik gekümmert habe. Auf ihrem Campingplatz habe es für sie aber keine warmen Duschen gegeben, sodass sie auf andere Bereiche ausweichen musste, zu denen sie offiziell keinen Zugang gehabt habe.

Dass die Situation auf den Campingplätzen für Mitarbeitende, auf der Demonstration auch als »Klassensystem« bezeichnet, an den individuellen Verhandlungen zwischen Crews und Kulturkosmos e. V. liegt, wird durch die Tatsache untermauert, dass es auch durchaus Menschen gab, die Toiletten putzten und auf dem infrastrukturell sehr gut ausgestatteten »Backstage-Campingplatz 1« untergebracht waren. Dort soll es neben drei verschiedenen Küchen sogar eine Sauna gegeben haben.

Auf einem bei der Demonstration verteilten Flyer wurde rassistisches und sexistisches Verhalten der Fusion-Security kritisiert. Ein Vorwurf, den bereits ein Jahr zuvor das feministische faq-Kollektiv erhoben hatte. Auf der Demonstration wurden deshalb »feste Awareness-Strukturen« gefordert.

Ebenso gab es viel Kritik am Umgang mit den »Soundsysters«. Das feministische Soundengineering-Kollektiv hatte sich im Jahr 2022 kurzfristig gegen einen Auftritt der Band Moscow Death Brigade ausgesprochen, deren Mitgliedern unter anderem Sexismus, Rassismus und Nationalismus vorgeworfen wurde. Eine wirkliche Auseinandersetzung zwischen Kulturkosmos und den »Soundsysters« habe es im Nachhinein nicht gegeben. Transparente forderten deshalb eine Rückkehr der »Soundsysters«, deren Zusammenarbeit mit der Fusion nach der feministischen Intervention eingestellt wurde.

Nach der Demonstration und dem Streik ging das »Festivalleben« weiter wie gehabt. Nun, nachdem die Fusion 2023 vorüber ist, haben der Kulturkosmos e. V. und die in der Spitze bis zu 15 000 Mitarbeitenden Zeit, Strukturen und Abläufe zu reflektieren.

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