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Karl-Liebknecht-Haus: Neues Leben in alter Bude
Die Linke will ihre Bundeszentrale in Berlin-Mitte verstärkt für Kulturveranstaltungen öffnen
Die großen Flügeltüren am Karl-Liebknecht-Haus in Berlin-Mitte mussten erneuert werden. Die Auflagen des Denkmalschutzes machten das Unterfangen sehr teuer für den Eigentümer. Es ist die Linkspartei, sie nutzt das historische Gebäude als Bundeszentrale. Doch für Bundesgeschäftsführer Tobias Bank haben die hohen Aufwendungen immerhin auch ein Gutes: Die Türen öffnen sich jetzt nicht mehr nach innen, sondern wieder nach außen – wie zu den Zeiten, als in der Weimarer Republik der KPD-Vorsitzende Ernst Thälmann hier ein und aus ging.
Das passt ausgezeichnet in das Konzept von Tobias Bank für die kurz KL-Haus genannte Parteizentrale. »Die Türen sollen auch nach außen aufgehen, denn wir müssen raus auf die Straße. Die Linke muss raus auf die Straße zu den Menschen«, ist der Bundesgeschäftsführer überzeugt. Andererseits will er die Leute auch hereinlocken und hat dazu eine Kulturoffensive gestartet.
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Die Idee ist nicht völlig neu. Von 2011 bis 2019 gab es die Lesereihe »Gedruckt« mit der Bundestagsabgeordneten Gesine Lötzsch. Die sei dann aber aus Kostengründen eingestellt worden, bedauert Bank. Seine zu Jahresbeginn mit einer Ausstellung und einer Veranstaltungsreihe zu Karl Liebknecht gestartete Offensive finanziert sich nun ausschließlich aus Spenden. Die Besucher werden um einen kleinen Obolus gebeten. Wer das möchte, kann sehr gern eine größere Summe überweisen, und erhält dann eine Spendenquittung fürs Finanzamt. Im zweiten Quartal gab es eine Ausstellung und ein Programm zum 78. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus und im dritten Quartal das Gleiche zum 50. Jahrestag des Putsches in Chile gegen den demokratisch gewählten Präsidenten Salvador Allende.
Nun folgen im vierten Quartal eine Ausstellung und Veranstaltungen zu 175 Jahre »Manifest der Kommunistischen Partei«. Die Ausstellung wird am 28. November eröffnet, und einen Tag später lesen die Parteivorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan aus dem bahnbrechenden Text von Karl Marx und Friedrich Engels. Geplant ist weiterhin ein Karl-Marx-Abend mit Sängerin und Schauspielerin Gina Pietsch.
Einzelne Veranstaltungen finden auch außerhalb statt. Hauptort ist jedoch das ehemalige Kontakt- und Informationszentrum der Partei rechts unten im Erdgeschoss. Die sperrige Bezeichnung wurde ersetzt durch den neuen Namen »Café Rosa«. Es gab noch eine Reihe anderer Vorschläge, unter denen die Beschäftigten der Bundeszentrale bei einem Hoffest abstimmten. Mit überwältigender Mehrheit habe sich »Café Rosa« durchgesetzt, erklärt Tobias Bank. Einfach weil es gut passe, im Karl-Liebknecht-Haus auch Liebknechts politische Weggefährtin Rosa Luxemburg noch zusätzlich zu würdigen. Nach ihr ist ansonsten bereits ein Saal benannt.
Tobias Bank muss schmunzeln, als er von der Abstimmung beim Hoffest berichtet. Denn es ist dabei und bislang auch hinterher nicht bekannt geworden, wer den Siegervorschlag eingereicht hatte. Er persönlich sei es gewesen, verrät Tobias Bank nun. Er freut sich über den großen Zuspruch für seine Idee.
»Der Raum war zum Beratungsraum verkommen und gar nicht mehr öffentlich«, sagt der 37-Jährige. Das ist nun anders. Die Umgestaltung zum Café habe rund 5000 Euro gekostet, unter anderem für frische Farbe, Möbel und Pflanzen. Eine kleine Bühne baute Mitarbeiter Jörg Rückmann ehrenamtlich ein. Gelernt hat er mal Nachrichtentechniker mit Abitur und war lange vor allem als Grafiker tätig, hat also keinen Handwerksberuf, aber ganz offensichtlich geschickte Hände. Rückmann war es auch, der eine interessante Zwischenlösung für die Phasen organisierte, in denen es gerade keine Sonderausstellung im »Café Rosa« gibt. Dann werden Reproduktionen der Werke von Mustapha Boutadjine an die Wände gehängt. Der französische Künstler algerischer Abstammung lebt in Paris. Er zerreißt Werbeprospekte und setzt die bunten Schnipsel so zusammen, dass Porträts bedeutender fortschrittlicher Persönlichkeiten daraus entstehen. Ein Ausfluss des Kapitalismus wird auf diese Weise kreativ auf links gedreht.
Boutadjine habe ihm gesagt, im Karl-Liebknecht-Haus ausgestellt zu werden, sei ihm eine Ehre, und er verzichte auf ein Honorar, erzählt Jörg Rückmann stolz. »Wir hatten sofort einen Draht zueinander«, erinnert er sich an die Kontaktaufnahme mit dem Künstler. Denn beide engagieren sich in der Hilfsorganisation Cuba Sí – Boutadjine in Paris, Rückmann in Berlin. Für die Reproduktionen ließ sich Rückmann per E-Mail die Dateien der Bildnisse von 19 Persönlichkeiten schicken, darunter wie selbstverständlich Rosa Luxemburg, aber auch Nelson Mandela, Ho Chi Minh und Che Guevara sowie die US-Amerikanerin Rosa Parks, die sich 1955 weigerte, ihren Sitzplatz im Bus für einen weißen Fahrgast zu räumen, und so gegen die Diskriminierung der Schwarzen in den Südstaaten ankämpfte. Was noch fehlt und mittelfristig geplant ist im »Café Rosa«: Ein halbrunder Tresen. Für dessen Einbau fehlt jedoch gerade das Geld.
Langfristig würde sich Tobias Bank die Fassade des KL-Hauses wieder so wünschen, wie sie vor langer Zeit einmal war. Ein Modell davon in seinem Büro zeigt das Gebäude mit großen Glasfronten, die sich im Erdgeschoss über die Hälfte der Gesamtbreite erstrecken. Der Umbau wäre aber im Moment unbezahlbar.
Dass er im Kleinen Buchladen im Karl-Liebknecht-Haus einen Partner für seine Kulturoffensive gefunden hat, dafür ist Tobias Bank dankbar. »Die Kollegen haben sofort mitgemacht, sofort Arbeit weggeschleppt, sofort eigene Ideen eingebracht«, schwärmt er. »Ohne das wäre es nicht gegangen.«
»Wir machen das, weil uns Kultur wichtig ist und weil wir linke Kultur stark machen wollen«, begründet Bank die Offensive. »Man kann niemanden per Beschluss verpflichten, eine Veranstaltung, die man selbst für wichtig hält, zu besuchen«, meint Wanja Nitzsche vom Kleinen Buchladen. »Menschen müssen aus eigenem Antrieb Bücher lesen, Vorträge, Podiumsdiskussionen und Ausstellungen besuchen, sich für Geschichte und Kunst interessieren. Und dann müssen sie noch mitbekommen, dass es entsprechende Veranstaltungen überhaupt gibt.«
Da hilft Thilo Urchs gern. Er ist Geschäftsführer der Partei im Bezirksverband Berlin-Mitte und veröffentlicht die Termine im Mitteilungsblättchen »Mittendrin«.
Aus dem Keller in sein Büro in der dritten Etage heraufholen ließ Tobias Bank einen alten Schreibtisch, an dem einst Ernst Thälmann gesessen haben soll. Für Banks Bedürfnisse ist der recht massive und doch schlichte Tisch zu tief. Sein Computer steht auf einem modernen Schreibtisch. Den historischen verwendet er, um Bücher und Aktenmappen abzulegen. Ob Thälmanns Tisch genau dorthin zurückkehrte, wo er früher stand, darüber gehen die Meinungen laut Bank auseinander. Es sei nicht ganz klar, ob der KPD-Vorsitzende sein Büro nicht eine Etage höher hatte.
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