nd-aktuell.de / 29.12.2023 / Politik / Seite 1

Das ist unser Betrieb

Slowenien fördert die Übernahme von Unternehmen durch die Belegschaft. Das Ziel: Demokratisierung der Wirtschaft

Stephan Kaufmann
Will die Wirtschaft demokratisieren: Sloweniens Arbeitsminister und stellvertretender Premierminister Luka Mesec von der Partei Levica (Linke)
Will die Wirtschaft demokratisieren: Sloweniens Arbeitsminister und stellvertretender Premierminister Luka Mesec von der Partei Levica (Linke)

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) möchte die Deutschen an ihrem Produktivvermögen beteiligen, das bislang in den Händen der Unternehmer*innen liegt. Über den Erwerb von Unternehmensanteilen in Form von Aktien sollen abhängig Beschäftigte ihre Rentenaussichten aufbessern. Darüber kann Luka Mesec nur lächeln. Der slowenische Arbeitsminister will zwar ebenfalls per Gesetz Mitarbeiter am Betrieb beteiligen. Nur dass bei ihm die Beschäftigten nicht bloß Anspruch auf eine Gewinnbeteiligung erhalten, sondern auch die Kontrolle über den ganzen Betrieb.

ESOP heißt das Konzept, das in den USA bereits verbreitet ist – Employee Stock Ownership Plan. Im slowenischen Modell funktioniert die Übernahme des Betriebs in etwa so: Ein Alt-Eigentümer will seinen Betrieb abgeben. Die Belegschaft seines Betriebs gründet eine von ihr demokratisch kontrollierte Eigentümerkooperative, die EOC. Dann handeln Alt-Eigentümer und EOC einen Preis für den Betrieb aus. Anschließend erhält die Kooperative einen Kredit vom Eigentümer, mit dem sie die Anteile am Unternehmen erwirbt. Der Kredit kann auch von einer Bank kommen. Zurückgezahlt wird der Kredit aus den Einnahmen des Betriebs. So gelangt das Unternehmen schrittweise in den Besitz der Mitarbeiter, die dafür keine Lohnanteile aufwenden müssen. Damit sie dem Eigentümer einen marktgerechten Preis zahlen können, bietet der Staat ihnen Steuervorteile: Profite, die Mitarbeiterbeteiligungen finanzieren, sind steuerfrei.

In Deutschland hat die Bundesregierung kürzlich ebenfalls die Förderung von ESOPs beschlossen. Hier geht es vor allem darum, Mitarbeiter am Unternehmenserfolg zu beteiligen, ihnen damit eine zusätzliche Einkommensquelle zu erschließen und gleichzeitig Start-up-Firmen zu ermöglichen, qualifizierten Fachkräften einen zusätzlichen Anreiz zu bieten.

Das slowenische Modell dagegen zielt eher auf eine Demokratisierung des Betriebs. Bei ihm halten die Beschäftigten ihre Anteile am Unternehmen nicht direkt, sondern nur über individuelle Konten bei der Kooperative, der der Betrieb gehört. Kurz: Das Eigentum ist kollektiv, nicht privat. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass Mitarbeiter ihre Anteile am Betrieb übertragen oder verkaufen und diese Anteile so in betriebsfremde Hände gelangen. Wer den Betrieb verlässt, wird ausgezahlt, die Anteile verbleiben immer in der Kooperative, damit der Betrieb nur denen gehört und untersteht, die tatsächlich in ihm arbeiten.