nd-aktuell.de / 15.02.2024 / Politik / Seite 1

Münchner Friedenskonferenz mit Geldsorgen

Organisatorin Maria Feckl über die Förderpolitik der Stadt München und den Fokus der Tagung

Interview: Gisela Dürselen

Zu den vielseitigen Protesten gegen die Münchner Sicherheitskonferenz gehört jedes Jahr die Internationale Friedenskonferenz. Wie ist Ihre Sicht 2024 auf die aktuellen Krisen?

Diese Krisen sind wie vergangene, zum Beispiel der »Krieg gegen den Terror« in Afghanistan, nicht militärisch zu lösen. Vor allem die Klimakrise ist nicht militärisch zu lösen. Im Gegenteil, Armeen und Kriege heizen sie an. Und doch wird wider alle Vernunft die Militarisierung der Gesellschaft vorangetrieben. Die Friedenskonferenz sieht nur in einem kooperativen Ansatz eine Chance für das Überleben der Menschheit: in fairen Wirtschaftsbeziehungen mit dem Globalen Süden, einer Abkehr von Eurozentrismus und Anthropozentrismus. Wir müssen nicht kriegstüchtig werden. Wir müssen friedenstüchtig werden und Atom- und Massenvernichtungswaffen abschaffen.

Die Konferenz wird seit 2005 von der Stadt München gefördert. Nun soll auf Antrag einiger Stadträt*innen aus den Fraktionen SPD/Volt und Die Grünen/rosa liste die Förderung eingestellt werden. Sie fordern darin auch, »politische Veranstaltungen mit weltpolitischen Fragestellungen« generell nicht mehr zu fördern ...

Es ist schwer vorzustellen, dass das umsetzbar wäre, denn das Kulturreferat fördert ja eine ganze Reihe politischer Veranstaltungen, zum Beispiel an der Volkshochschule. Dies könnte als willkürliches Verwaltungshandeln zu rechtlichen Konsequenzen führen. Für das Organisationsteam stellt sich die Lage als sehr verwirrend dar, und natürlich hätte das für uns weitreichende Konsequenzen. Deshalb haben wir beschlossen, die Sachlage rechtlich prüfen zu lassen.

Das Geld für 2024 war bereits mündlich zugesagt. Was bedeutet die kurzfristige Absage für die Konferenz?

Die Absage der Projektförderung durch Kulturreferent Anton Biebl und Oberbürgermeister Dieter Reiter gefährdet ihre Zukunft. Sie führt aber nicht zur Absage der diesjährigen Friedenskonferenz oder zu einer Reduzierung des Programms. Da wir uns nach fast 20 Jahren vertrauensvoller Zusammenarbeit darauf verlassen haben, dass die städtische Förderung auch dieses Jahr kommt, hatten wir alle Rednerinnen und Redner sowie Veranstaltungsräume, Technik, Tickets und Hotels bereits verbindlich gebucht. Das bedeutet, dass der Trägerkreis die Kosten übernehmen muss, egal, ob die Veranstaltung stattfindet oder nicht. Deshalb – und aufgrund der politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Bedeutung der Konferenz in Zeiten von Krieg und Aufrüstung – haben wir uns entschieden, sie in jedem Fall durchzuführen.

Was hat sich im Vergleich zu den vergangenen Jahren verändert?

Bisher lag ein Förderantrag dieser geringfügigen Größenordnung – es handelt sich um 6500 Euro – angesichts eines Gesamthaushaltes der Stadt München von acht Milliarden Euro allein in der Verantwortung des Kulturreferats. Dass einzelne Stadträte und Stadträtinnen die Sache nun an sich gezogen haben, lässt ein politisches Interesse vermuten, regierungskritische, in unserem Falle pazifistische Veranstaltungen zu verhindern oder zumindest zu erschweren.

Das Kulturreferat beschreibt in einer 2023 herausgegebenen Broschüre das »Schützen und Stärken der Grundwerte der Demokratie wie Kunst- und Meinungsfreiheit« und das »Fördern der Vielfalt mit öffentlichen Mitteln« als eine seine Kernaufgaben. Wie sehen Sie diesen Widerspruch?

Für uns stellen sich viele Fragen. Welche Bindungswirkung hat der Antrag der der beiden Fraktionen für das Kulturreferat? Von den 14 Antragsteller*innen sitzen nur sechs im Kulturreferat, welches zunächst das zuständige Gremium wäre. Und 14 Abgeordnete sind auch keine Mehrheit im Stadtrat. Und warum sollte sich der Stadtrat eigentlich mit einer Kleinigkeit aus laufenden Verwaltungsangelegenheiten des Kulturreferats befassen? Darum handelt es sich bei der Zuwendung für uns bisher. Ein Antrag einer Stadträtin muss nach meiner Rechtskenntnis als Gemeinde- und Kreisrätin in einem zuständigen Gremium behandelt und abgestimmt werden. Nun aber soll sich der gesamte Stadtrat auf Wunsch der 14 Antragsteller*innen damit beschäftigen. Eine Stunde Stadtratssitzung kostet weit mehr als 6500 Euro.

Stehen Sie in Kontakt mit dem Kulturreferenten und dem Oberbürgermeister?

Leider wurden wir nie zu einer Stellungnahme oder zur Information über die Veränderungen im Kulturreferat eingeladen. Nach der Friedenskonferenz werden wir weiter das Gespräch suchen.

Und wie geht es weiter?

Die Friedenskonferenz wird unter hohem finanziellen Risiko stattfinden. Nur durch großzügige Spenden und Darlehen von Unterstützer*innen werden wir die Ausgaben überhaupt stemmen können. Wir brauchen aber dringend weitere Spenden zur Rettung der Friedenskonferenz. Eine Crowdfunding-Kampagne starten wir gerade auf betterplace.org.